Die verfahrene Lage rund um Stuttgart 21 und deren Eskalation wäre laut Piratenpartei Baden-Württemberg gar nicht erst entstanden, wenn es mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für Bürger gäbe. So sind die Hürden für Volksbegehren auf Landesebene nach Ansicht der PIRATEN viel zu hoch: Die von den “Parkschützern” aktuell angestrebte Auflösung des Landtags müssen mehr als eine Million Bürger binnen 14 Tagen auf einem Amt unterzeichnen. Am Volksbegehren selbst müssten sich wiederum mindestens 50 Prozent der Bürger beteiligen – fast so viele wie bei der letzten Landtagswahl.

Diese Hürden sind nach Ansicht der PIRATEN bürgerfeindlich und praktisch nicht erfüllbar. Zu diesem Fazit kommt auch eine aktuelle Studie des Vereins Mehr Demokratie e.V.. Gemäß dem neuesten Ranking vom 1. Oktober 2010 ist das “Ländle” bei der Bürgerbeteiligung im bundesweiten Vergleich auf den vorletzten Platz abgerutscht. Schlusslicht ist das Saarland, wo die Regierung allerdings bereits Reformen plant.

In Baden-Württemberg gab es laut Mehr Demokratie e.V. seit dem letzten Report dagegen keine grundlegenden Reformen. Die Verschlechterung der Gesamtbewertung ist darauf zurückzuführen, dass Planungsverfahren durch eine restriktivere Rechtsprechung nicht mehr zu den Themen gehören, für die in Baden-Württemberg ein Bürgerentscheid beantragt werden kann. Vor dem Hintergrund des umstrittenen Projekts “Stuttgart 21” ist dies aus Sicht der PIRATEN besonders pikant.

“Durch einen bindenden Volksentscheid hätte die Situation um Stuttgart 21 frühzeitig entschärft werden können”, meint Norbert Hense, Landtagskandidat der Piraten und mehrjähriges Mitglied bei Mehr Demokratie e.V.

Die Piratenpartei Baden-Württemberg setzt sich in ihrem Programm zur Landtagswahl für eine Umsetzung der Vorschläge von Mehr Demokratie e.V. ein. So fordern sie eine Senkung der Hürden für Volksbegehren und ein gerechteres Abstimmungsverfahren bei Volksabstimmungen. Zudem sollen Volksbegehren durch eine verpflichtende Behandlung im Landtag stärker beachtet werden. Ferner wollen die PIRATEN öffentliche Petitionen ermöglichen, damit sich die Bürger einfacher an der Gesetzgebung beteiligen können.

Mit diesen Maßnahmen will die Piratenpartei die Bürger stärker in politische Entscheidungen einbinden und so deren Akzeptanz erhöhen. “Demokratie darf nicht theoretisch sein – sie muss praktisch erlebt werden”, erklärt Norbert Hense. Die Politik müsse raus aus dem Hinterzimmer zu den Menschen. “Wenn die erste politische Erfahrung von Jugendlichen die Begegnung mit einem Wasserwerfer ist, schadet dies dem Vertrauen in unser politisches System – und das ist ein größeres Problem für unser Land als es eine falsche Entscheidung über ein Bauprojekt je sein kann.”