Am Mittwoch, dem 15. August 2012, passierte ein Gesetzentwurf [1] das Bundeskabinett, der einige problematische Änderungen im Bereich der Prozesskostenhilfe enthält. Unter dem Vorwand der Missbrauchsbekämpfung werden unter anderem Freibeträge für Geringverdiener in der Prozesskostenhilfe gesenkt und die zumutbare Ratenzahlungshöchstdauer verlängert. Bei geringem Streitwert wird künftig keine Prozesskostenhilfe mehr gewährt.
Die Piratenpartei Baden-Württemberg fordert die Bundesregierung auf, diese Pläne unverzüglich fallen zu lassen. »Statt die Rechte von Geringverdienern durch Kürzungen bei der Prozesskostenhilfe zu beschränken, müssen vielmehr die Ursachen beseitigt werden, die diese Menschen überhaupt erst zur Klage veranlassen«, meint Ute Hauth, stellvertretende Landesvorsitzende der Piratenpartei Baden-Württemberg. Nach Angaben des Sozialgerichts Berlin erzielt in solchen Verfahren rund die Hälfte aller Kläger zumindest einen Teilerfolg [2]. Der Vorwurf von Missbrauch ist daher nicht nachvollziehbar.
»Dass es vor Gericht für viele Bezieher von Arbeitslosengeld und Geringverdiener häufig nur um verhältnismäßig geringe Beträge geht, liegt in der Natur der Sache«, stellt Hauth fest. »Aber anstatt Geringverdienern die Möglichkeit zu nehmen, ihre Rechte vor Gericht durchzusetzen, sollte man sich fragen, ob hier nicht nur an den Symptomen verfehlter Sozialpolitik zu Lasten der Betroffenen herumgedoktert wird. Seit der rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Schröder ist es noch keiner Bundesregierung gelungen, dafür zu sorgen, dass sich die verantwortlichen Behörden umfassend an die geltenden Gesetze halten. Der Erfolg vieler Klagen zeigt dies. Hier sind dringend Korrekturen bei den Hartz-IV-Regelungen geboten.«
Nachweise: [1] http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/RegE_Gesetz_zur_Aenderung_des_Prozesskostenhilfe_und_beratungshilferechts.pdf
[2] http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/sg/presse/archiv/20100618.1110.299831.html
Kann Prozesskostenhilfe nicht ohnehin mangels Aussicht auf Erfolg verweigert werden? Zumindest wenn man selbst klagt ist das der Fall. Daher kann eine bewilligte Prozesskostenhilfe bereits einschüchternd gegen den Prozessgegner eingesetzt werden und es kommt oft doch noch zu einem Kompromiss.
Wird man selbst verklagt sieht das anders aus. Allerdings sollte es da klar sein, dass man das Recht haben muss, sich zu verteidigen. Und nicht nur, wenn entsprechend finanzielle Mittel vorhanden sind.
Zumal das auch wahre Betrügereien möglich machen würde: Einfach Mahnbescheide um kleine Summen verschicken und mit Klage drohen. Bereits knicken da viele ein, weil sie nicht wissen, dass sie Prozesskostenhilfe beantragen können. Also wird lieber gezahlt. Das wäre in diesem Fall ja noch viel einfacher möglich. Und kommt es zu einer Klage hätten viele Angst vor deutlich steigenden Kosten (damit wird auch jetzt schon immer gedroht).
Die Gesetzesänderung würde die Bürger unter’m Strich eindeutig schädigen.
Schön, dass ihr daüber informiert und euch auch einsetzt. Ich bin mir sicher, kaum jemand hat das überhaupt mitbekommen bisher.
Hallo meine lieben Piratinnen,
mein Name ist Oliver Haustein. Ich habe erst seit ca. 3 Monaten ein orangenes Pareteibuch, bin soz. von der JU über die Grünen und zuletzt den Linken zum Pirat konvertiert.
Ich war zwischen 2000 und 2007 selbständiger Rechtsanwalt und Kanzleiinhaber in Stuttgart.
In meiner Tätigkeit als Anwalt habe ich u.a. sehr viel mit Verbraucherinsolvenzen zu tun gehabt.
Aufgrund einer inzwischen überstandenen Erkrankung musste ich meine Kanzlei verkaufen, kam selbst in den Genuss einer Insolvenz, die bis hin zu eigenen Hartz IV – Erfahrungen führte.
Zu behaupten bei der PKH könne man Missbrauch betreiben erscheint mir als ein solcher Blödsinn, dass ich mich der Meinung von Ute nur anschliessen kann.
Es ist nämlich der Richter selbst, der teilweise mit Hingabe prüft, ob zum einen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers schlecht genug sing und , ob 2. die angestrebte Klage Aussicht auf Erfolg hat.
Dies im Übrigen vor allem im Zivilrecht.
Wer vermag die Voraussetzungen besser zu prüfen, als ein unabhängiges Gericht.
Für das Verwaltungsrecht ( Hartz IV ) gilt von den Voraussetzungen her selbiges.
Weiter ist natürlich auch hahnebüchen, wieviele Fehler offenbar von den jobcentern zu ungunsten der Bedürftigen gemacht werden.
Da ich mit meinen Kenntnissen mich ganz gut wehren kann, hatte ich die Behörden bisher eigentlich weitestgehend im Griff, weil anfliegende inquisitorische Quälereien sofort im Keim erstickt werden konnten.
Von Freunden weiss ich aber sehr gut, was die sog. Arbeitsberater so alles tun können um das Sozialstaatsprinzip mit Füssen zu treten.
Ich finde wegen alledem die Idee ( „keiner geht allein“ ) im obigen Zusammenhang hammergeil, würde mich unter Umständen auch an einem entsprechenden Aufbau in Stuttgart oder auch bundesweit beteiligen.
Unter dem werbewirksamen logo „Bei den Piraten segelt keiner allein“ könnten wir – jedenfalls bis es uns gelungen ist, Hartz IV abzuschaffen
🙂 – einen bundesweiten Verein gründen und etablieren, der sich alleine von kleinen Mitgliedsbeiträgen der „Mandanten“, Spenden bzw. gar staatlichen Zuschüssen selbst finanzieren finanzieren könnte. In diesem Kontext bin ich ohnehin der Meinung , dass der Staat aufgrund der Komplexität der Materie und vorallem auch wegen deren Schadensgeneigtheit für den Menschen verfassungsrechtlich verpflichtet ist, entsprechende Beratung de facto anzubieten.
Die Berater im jobcenter erfüllen diese hoheitliche Aufgabe mitnichten. Das könnt Ihr mir glauben.
Denken könnte man hier an eine Art Beratungsschein für den Berater wie in Gerichtssachen, kraft welchem der Anwalt bzw. die beratende Stelle direkt mit dem Staat abrechnen kann.
Voraussetzung für mich wäre jedoch zunächst, dass
1. wir als Partei auch wirklich einen Werbenutzen haben, d.h. sich unsere Tätigkeit wirklich auch auf uns zurückführen lässt und sich auch irgendwann in Form von Wählerstimmen auszahlen kann. (…. denn auch das ist mein Bestreben neben meiner sozialen Ader ..)
2. Da m.E. feststeht, dass bezahlte Tätigkeit im Laufe der Zeit auch bessere Qualität hat, müssten die Mitarbeiter an den Einnahmen partizipieren , zwar nur im kleinen Rahmen, aber doch motivierend.
3. Neben den Fachberatern müssten auch entsprechende Dolmetscher für ausländische Mitbürger zur Verfügung stehen, weil ich auch hierin ein Problem sehe, dass viele Menschen weder deutsch lesen und schreiben können, noch der Sprache Ihres Herkunftlandes ausreichend mächtig sind um dieses kranke Schröder – Wirr – Warr zu verstehen.
(Denkt dran, Ihr Piraten mit Wahlrecht: Wir sind das Sprachrohr der Ausländer ohne Wahlrecht.)
Ich schlage vor, dass alle bisher in der Sache tätigen Piraten erstmal brainstormen und man sich über diese mailinglist austauscht.
Aber Ihr habt schon Recht: Es muss was getan werden, gegen diese Sanktionengängelei, die die Intension von wahrscheinlich 90 % der Verantwortlichen ganz augenscheinlich aufdeckt:
Wie bei Versicherern(die jedoch Rechtssubjekte des Zivilrechts sind ) lautet die innere Proklamation schlicht:
„Tut alles, dass wir nicht zahlen müssen ! “
Genervter Piratengruss 🙂