Am 17. Mai wird seit 2005 jährlich der »Internationale Tag gegen Homophobie« begangen. Ziel dieses weltweit durchgeführten Aktionstages ist es, Respekt gegenüber Lesben und Schwulen einzufordern. Das Datum wurde in Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt, jenem Tag, an dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel strich.[1]

Nach wie vor werden Homosexuelle weltweit verfolgt

Doch noch immer werden Homosexuelle weltweit verfolgt, inhaftiert und sogar staatlich und gesetzlich legitimiert getötet. In 78 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen wird Homosexualität strafrechtlich verfolgt. [2] Erst Anfang dieses Jahres wurden in Uganda und Nigeria Gesetze unterzeichnet, in denen Homosexuellen lebenslängliche Gefängnisstrafen androht werden. [3]

In Europa ist das Klima zwar liberaler, aber Homophobie und Transphobie ist Teil des Alltags von Lesben, Schwulen und Trans*. In Russland steht seit 2013 ›Homo-Propaganda‹ unter Strafe. In Europäischen Ländern wie Weißrussland, und Albanien, dem »most anti-gay country in Europe« [4] ist Homosexualität zwar legal aber gesellschaftlich breit geächtet.

Aber auch in den Staaten der EU, dessen Parlament zuletzt 2006 die Mitgliedsstaaten aufgefordert hat einerseits die bestehenden Menschenrechte auch für Lesben und Schwule uneingeschränkt zu garantieren und andererseits dafür zu sorgen, dass ihre Diskriminierung in allen Bereichen verboten wird [5] gibt es staatliche Sondergesetze, die die Ungleichbehandlung Homosexueller und Trans* festschreiben.[6]

2/3 der Homosexuellen in der EU trauen sich nicht, zu ihrer Homosexualität zu stehen

Diskriminierung kommt aber nicht nur durch staatliches Handeln zum Tragen. »Fast 2/3 der homosexuellen Menschen in der EU trauen sich, laut einer Umfrage, immer noch nicht, öffentlich zu ihrer Homosexualität zu stehen. Egal ob lesbisch, bisexuell, schwul, polyamourös, asexuell, intersexuell, transsexuell oder anderweitig ›normabweichend‹: Trotz gesellschaftlicher und gesetzlicher Fortschritte bleiben Diskriminierungen und Gewaltbedrohung EU-weit bestehen, insbesondere in Osteuropa. Sechs Prozent der Befragten erzählten von körperlichen Angriffen in den vergangenen zwölf Monaten, die zum Teil in der eigenen Familie stattfanden. Frauen wurden außerdem häufiger Opfer von sexuellen Übergriffen. Transgender berichten der Erhebung zufolge, dass sie durchweg weniger Toleranz erfahren als Homo- und Bisexuelle. « [7]

Diskriminierung, Ausgrenzung, aber auch Gewalt gehören auch in Deutschland zur Erfahrungswelt von Lesbischen, Schwulen und Trans* Menschen.
Trotz Erfolgen wie der Streichung des Menschenrechte verletzenden § 175 im Jahre 1994, der Einführung der ›Homo-Ehe‹ sowie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Homosexuellen und Trans* Menschen in Deutschland keineswegs selbstverständlich.

Gerade der Blick nach Baden-Württemberg zeigt, das Homophobie und Transphobie noch in breiten Teilen der Gesellschaft verankert ist.

CDU- und FDP-Politiker, Seite an Seite mit der AfD und der NPD

Hier bekämpfen führende CDU- und FDP-Politiker, Seite an Seite mit der AfD und der NPD, den Entwurf des Bildungsplans 2015 der Grün-Roten Landesregierung.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und CDU-Fraktionschef Peter Hauk senden Grußworte an eine Demonstration, zu der »ein Bündnis von sogenannten Familienschützern, konservativen, aber auch christlich-fundamentalistischen Kreisen bis hin zu rechtsextremen Gruppen« aufgerufen hat. [8]

Rülke und Hauk unterstützten eine Demonstration, auf der Homosexualität und Pädophilie gleichgesetzt werden und der Landesregierung auf Transparenten unterstellt wird, der Bildungsplan sei ein »erneuter Schritt zur Legalisierung der Pädophilie«. [9]

Rülke, der schon in der Vergangenheit erklärte, er betrachte »andere Lebensformen als tolerabel, aber nicht als gleichwertig« [10] vertrat in seinem Grußwort die Auffassung, es sei eine »grüne Bevormundung«, über Homosexuelle an baden-württembergischen Schulen zu sprechen. [11]

CDU und FDP versuchen hier, durch das Schüren von Hass auf Homosexuelle und Transsexuelle, politisch Kapital zu schlagen, Rülke und Hauk stehen in eine Reihe mit Rednern, die Homosexualität als »sexuelle Störung« darstellen, frühkindliche Bildung als »Missbrauch« und alle Familienformen jenseits von Vater-Mutter-Kind als »minderwertig« diskreditieren. [12]

Wenn CDU und FDP in Baden-Würtenberg den homophoben Teil der Gesellschaft bedienen wollen, sollte, aufgrund der Stoßrichtung des Bildungsplans 2015 in Richtung der Verankerung der »Akzeptanz sexueller Vielfalt« klar sein, wo wir als Piratenpartei stehen sollten: auf der Seite der Landesregierung und des Bildungsplans 2015, selbst wenn dieser nur ein Anfang sein kann.

Wofür wir stehen, nicht nur am 17. Mai

Denn bei allen Mängeln und Fehlern, die der Bildungsplan 2015 [13] enthält und die durch das Zurückweichen von Grünen und SPD vor den homophoben Teil der Gesellschaft noch verstärkt worden sind: etwas Besseres als dieser Bildungsplan ist Baden-Württemberg in den letzten 60 Jahren Bildungspolitisch, in Bezug auf »Akzeptanz von Vielfalt«, nicht gelungen. Politik muss der Vielfalt der Lebensstile gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ermöglichen. Wir treten deshalb für eine Rückkehr zum ursprünglichen Entwurf für den Bildungsplan 2015 ein, der eine Ausweitung der Behandlung von sexueller Orientierung und sexueller Identität im Unterricht beinhaltete.

Es ist nicht akteptabel und tolerierbar, jemanden aufgrund seiner Hautfarbe, seiner Religion, seiner sexuellen Orientierung oder sexueller Identität zu diskriminieren. Es gibt keine Entschuldigung und auch keine Akzeptanz und Toleranz für Diskriminierung, Intoleranz und Ausgrenzung in unserer Gesellschaft. Nicht in einer Gesellschaft, von der wir Teil sind.[14]

Nicht nur am 17. Mai setzen wir uns für eine inklusive Gesellschaft ein, in der es keine Geschlechtlichen und Gesellschaftlichen Normen gibt, an die es sich anzupassen gilt, in der Menschen unabhängig von (sozialem) Geschlecht, sexueller Orientierung, Ethnie und körperlichen Einschränkungen gleichberechtigt miteinander leben.

Wenn Lehrer in Baden-Württemberg auf die Frage »Würden Sie Schülern raten, sich vor Klassenkameraden als homosexuell zu outen?« resigniert antworten »Zum jetzigen Zeitpunkt: Nein.« [15] wird deutlich, wie wichtig der »Internationale Tag gegen Homophobie« auch in Deutschland noch ist. Dessen sollten wir uns auch dieses Jahr am 17. Mai bewusst sein.

Quellen
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Tag_gegen_Homophobie
[2] http://www.gaylawnet.com/laws/laws.htm
[3] http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/der-homophobe-kontinent-1.18286873
[4] http://www.gaystarnews.com/article/albania-most-anti-gay-country-europe260313
[5] siehe »Entschließung des Europäischen Parlaments zur Zunahme rassistischer Gewalt und von Gewalt gegen Homosexuelle in Europa« http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?language=DE&pubRef=-//EP//TEXT+TA+P6-TA-2006-0273+0+DOC+XML+V0//DE
[6] So hat das EU Mitglied Lettland am 16. Juni 2009 ein Gesetz verabschiedet, »dass die Thematisierung von Homosexualität an Schulen und öffentlichen Orten, an denen sich Jugendliche aufhalten könnten, verbietet.« http://www.gaylawnet.com/laws/lt.htm
[7] http://fra.europa.eu/de/press-release/2013/angst-isolation-und-diskriminierung-bei-lgbt-personen-europa-weit-verbreitet Zitiert nach http://piraten-hb.de/Blog/2013-05-17/verliebt-verlobt-verpartnerschaftet/
[8] http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/stuttgart-wieder-eine-demo-gegen-den-bildungsplan/-/id=1622/did=13167196/nid=1622/14ev5x2/index.html
[9] http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/stuttgart-wieder-eine-demo-gegen-den-bildungsplan/-/id=1622/did=13167196/nid=1622/14ev5x2/index.html
[10] http://www.queer.de/detail.php?article_id=20782
[11] http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/anti-bildungsplan-demonstration-grussworte-sorgen-fuer-kritik/-/id=1622/did=13166586/nid=1622/13llojw/
[12] http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/anti-bildungsplan-demonstration-grussworte-sorgen-fuer-kritik/-/id=1622/did=13166586/nid=1622/13llojw/
[13] http://www.kultusportal-bw.de/site/pbs-bw/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/kultusportal-bw/Bildungsplanreform/Arbeitspapier_Leitprinzipien.pdf
[14] siehe http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Geschlechter-_und_Familienpolitik
[15] http://www.ka-news.de/region/karlsruhe/Karlsruher-Bio-Lehrer-Homo-Outing-auf-dem-Schulhof-Besser-nicht;art6066,1362020