Am 20. Mai 2011 wurde die Piratenpartei Deutschland über einen Zeitraum von etwa neun Stunden größtenteils ihrer Kommunikationsinfrastruktur beraubt. Die Koordination des Wahlkampfes für die Wahlen zur Bremer Bürgerschaft am Wochenende wie auch die inhaltliche politische Arbeit wurden in diesem Zeitraum massiv beeinträchtigt, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Auch die Infrastruktur der Piratenpartei Baden-Württemberg war betroffen und die Website daher offline.

Die Staatsanwaltschaft kann sich im Rahmen einer internationalen Amtshilfe ohne Probleme einen Durchsuchungsbeschluss für einen Internetprovider verschaffen. Im Verlauf des Zugriffs durch die Behörden wird die Internetanbindung der Server einer Partei dann einfach gekappt – ohne vorherige Rücksprache mit den Betroffenen. Ergebnis dieser Vorgehensweise ist die abschließende Feststellung, dass sich die Piratenpartei an das Bundesdatenschutzgesetz hält und sowieso keine Logfiles mit IP-Adressen speichert.

Dieses unverhältnismäßige Vorgehen macht eines klar: Man kann sich nur schwer wehren. Widerspruch vor Ort hätte fatale Folgen gehabt, nämlich die Beschlagnahme aller Server. Das Einreichen einer Beschwerde hilft im Nachhinein wenig.

Schon zur Landtagswahl 2011 hatten wir eine Aussage im Wahlprogramm, die dieses Ungleichgewicht zwischen Staatsmacht und Bürger ausgleichen soll: Unrechtmäßig angeordnete Verwaltungsakte sollen mit einer pauschalen Mindestentschädigung gesühnt werden. Hierdurch würde genügend (finanzieller) Druck auf die Behörden ausgeübt, damit diese in solchen Fällen grundsätzlich überlegter vorgingen.

Geradezu beängstigend ist im Zusammenhang mit der Abschaltung der Server die Tatsache, dass fast alle anderen Parteien dieses Vorgehen offenbar völlig kritiklos hingenommen haben. Die Schadenfreude bei der Konkurrenz scheint die Sorgen um Demokratie und Rechtsstaat zu übertreffen. Bis dato ist abgesehen von Einzelstimmen allein von der Rentnerinnen- und Rentnerpartei ein offizieller Aufschrei zu vernehmen.

Interessantes Detail am Rande: Das französische Rechtshilfeersuchen, auf das von der Staatsanwaltschaft Bezug genommen wurde, existierte zum Zeitpunkt der Durchsuchung noch gar nicht, und die dringend abzuwendende Koordination eines Angriffes auf das Internetangebot des französischen Energiekonzerns EDF erfolgte bereits im April.

In diesem Zusammenhang muss geprüft werden, ob man gegen diesen übereifrigen, in vorauseilendem Gehorsam handelnden Staatsanwalt nicht eine Dienstaufsichtsbeschwerde anstrengen sollte, damit er zu spüren bekommt, dass er zu weit gegangen ist. Hier wurde nach unserer Rechtsauffassung u. a. gegen Artikel 21 Grundgesetz verstoßen, der Parteien besondere Rechte zuspricht.

Auch zeigt sich einmal mehr, wie leicht(fertig) Richter solche Beschlüsse unterschreiben. Das ist ein Mangel im System: Die Nichtunterzeichnung eines solchen staatsanwaltlichen Durchsuchungsbeschlusses kostet die Richter, die ohnehin unter Zeitdruck stehen, viel mehr Zeit, als die Zustimmung.