In der heutigen vernetzten Welt werden Informationen über aktuelle Ereignisse immer häufiger durch Privatleute über soziale Netze und Blogs verbreitet. Trotz ihrer großen Bedeutung für die Meinungsbildung sind diese Personen jedoch anders als Berufsjournalisten nicht zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Die Piraten Baden-Württemberg begrüßen die ePetition 19350[1], die genau dieses Problem lösen möchte.
Durch ein Zeugnisverweigerungsrecht würde der freie und ehrenamtliche Journalismus gestärkt. In der Begründung zur Petition wird hierbei auf Cams21, eine Gruppe von Videojournalisten, die die Proteste um Stuttgart 21 begleiten, Bezug genommen. Der Landesverband der Piratenpartei Baden-Württemberg hat die Durchsuchungen bei einigen Videobloggern von Cams21 bereits kritisiert[2].
Ehrenamtliche Journalisten sind unter Umständen eher in der Lage, über Themen zu berichten, bei denen mächtige wirtschaftliche Interessen im Spiel sind, denn sie müssen mit dieser Tätigkeit nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten. Blogger sind eine neue und legitime Erweiterung des journalitischen Spektrums und sollten auch vom Gesetz her so behandelt werden. Daher fordern wir alle Bürger dazu auf, diese ePetition[1] mitzuzeichen.
Der geänderte Gesetzestext würde dann wie folgt lauten:
§53 StPO
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt
…
5. Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdienstenberufsmäßigmitwirken oder mitgewirkt haben.
Ob das so sinnvoll ist, halte ich für fraglich. Wie wird denn zum Beispiel sicher gestellt, dass nicht jeder x-beliebige Kriminelle ein Blog eröffnet und so das Zeugnisverweigerungsrecht genießt? Kritisch ist das in meinen Augen in folgendem Beispiel.
Ein Hehler fängt an, über Einbrüche zu bloggen. Wird er nun verhaftet, hättte er ein Zeugnisverweigerungsrech nicht nur seine eigenen Taten betreffend, sondern könnte auch über all diejenigen schweigen, die versucht haben ihm gestohlene Gegenstände zu verkaufen.
Dadurch, dass die geforderte Änderung, so wie sie hier steht, zu leicht ausnutzbar ist, sollte die StPO bis zu einer vernünftigen Regelung so wie sie ist bestehen bleiben.
@Taranis in deinem Beispiel wäre der Blogger der beklagte und hätte imho ohnehin das Recht die Aussage zu verweigern. Wenn ich es richtig verstehe geht es hier um das Recht in einem Verfahren gegen dritte nicht als Zeuge aussagen zu müssen (§51StPo) Im Zusammenhang mit den oben zitierten Durchsuchungen wären diese „dritte“ eben die wegen Körperverletzung beschuldigten Personen die im Durchsuchungsbeschluß genannt werden.
Der Sinn des §53 StPo scheint mir nicht so sehr (oder zumindest nicht nur) darin zu liegen den Journalisten zu schützen, sondern seine „Quellen“ (im weitesten Sinne). Dies wäre also tendentiell Jederman, sprich: jeder Bürger. Dieser mittelbare Schutz soll dem Journalisten eine Vertrauensposition verschaffen, die er für seine Recherchen nutzen kann. Im Zusammenhang mit Demonstrationen entscheidet sich damit die Frage, ob ein demonstrierender Bürger ein gezücktes Handy/Kamera/etc fürchten muß („gemeinschaftlich“ ist ein dehnbarer Begriff) oder nicht.
Ich hatte selbst kurz bedenken in Hinblick auf die Verbreitung rechter Propaganda. Aber nach etwas überlegen wurde mir klar, daß auch in dem Falle das Verfahren über „Volksverhetzung“ direkt gegen die Verbreitung liefe. Eine etwa als Berichterstattung getarnte Verbreitungsform (z.B.) wäre damit so illegal wie jede andere. Eine „verschlüsselte“ Verbreitung über Subtext und Kontext läßt sich mit oder ohne §53 StPo leider nicht unterbinden.
Ich werde die Petition jetzt zeichenen.
@alphatLyncis: So meinte ich das eigentlich auch. Denn ein Hehler hat dann kein Zeugnisverweigerungsrecht wenn Person A ihm Ware anbietet, die er nicht kauft. Er könnte aber z.B. vor Gericht Person A mit der gestohlenen Ware in Verbindung bringen.
In meinen Augen ist Informatenschutz durchaus ein wichtiges Gut, sollte aber nicht zum „Kriminellenschutz“ ad absurdum geführt werden. Wer demonstriert ist kein „Krimineller“, wer während der Demonstration anfängt Steine zu werfen, begeht Sachbeschädigung und ggf. Körperverletzung und hat in meinen Augen dann auch nicht den Schutz durch filmende Journalisten verdient…