Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat über die Einhaltung des Grundgesetzes (GG) zu wachen. In seiner jüngsten Entscheidung hat es das Grundgesetz jedoch in einem historisch bewährtem Aspekt – die bewusste Aufgabentrennung von Militär und Polizei – außer Kraft gesetzt.

Nach der neuen Entscheidung ist es der Politik erlaubt, die Bundeswehr in „äußersten Ausnahmefällen“ innerhalb der deutschen Grenzen einzusetzen. Militärische Fahrzeuge und bewaffnete Soldaten dürfen damit künftig – neben der im GG festgeschrieben Landesverteidigung – im Inland auch zu anderen Zwecken eingesetzt werden. Konkrete Beispiele bleibt das BVerfG dabei schuldig, so dass bereits jetzt Stimmen aus Berlin laut werden, die den „Ausnahmefall“ oder „Katastrophennotstand“ unterschiedlich interpretieren. Unionsfraktionvize Günter Krings forderte nun sogar dazu auf das Grundgesetz so zu ändern, dass Kabinettsbeschlüsse nicht abgewartet werden müssen.

Was passiert, wenn Politikern die Auslegung von Gesetzen und Grundrechten überlassen wird, zeigte sich unter dem Einfluss der Terroranschläge vom 11.09.2001. Die Rot-Grüne Koalition verabschiedete aus der vorherrschenden politischen Stimmung heraus 2004 ein Gesetz, dass das Abschießen von entführten Passagierflugzeugen „im Notfall“ erlaubt. Dies wurde vom Ersten Senat des BVerfG wieder gekippt.

Welche fatalen Konsequenzen militärische Entscheidungen nach sich ziehen können, zeigt die „Kundus-Affäre“ um den Oberst Georg Klein im Jahr 2009. Durch dessen Befehl kamen 91 Menschen, großteils Zivilisten, ums Leben. Die Piraten fragen: Wie stellen wir sicher, dass so etwas in Deutschland nicht passiert?

„Das neue BVerfG-Urteil ist deshalb so befremdlich, weil es klare Festlegungen und langfristige Garantien vermeidet. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichts, der Regierung neue Spielräume zu eröffnen, die sich angesichts drohender Krisenherde wie beim Euro, der Weltwirtschaft und bei Klimakatastrophen, potentiell gegen die eigenen Bürger richten können.“, findet Dr. Jürgen Martin, Pirat aus Bad Cannstatt, und führt weiter aus: „Gerade wegen der militärischen Vorgeschichte in der Weimarer Zeit und im Dritten Reich war es bislang in unserer Republik Konsens, die Aufgaben der Bundeswehr verfassungsrechtlich so einzuengen, dass nie wieder Waffen gegen das eigene Volk erhoben werden. Mit diesem Beschluß hat das Gericht jedoch die Büchse der Pandora geöffnet.“

Pressemitteilung der Piratenpartei Stuttgart

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