„Island neu starten“ ist frei übersetzt das Motto der isländischen PIRATEN (Píratar) zu den vorgezogenen Parlamentswahlen (Kosningar) kommendes Wochenende am 29. Oktober 2016 – also ganz traditionell im Sinne der internationalen PIRATEN. Da Island als Petrischale der Demokratie gerne auch ungewohnte Wege beschreitet, möchten wir Euch gerne teilhaben lassen und laden Euch zum isländischen Wahlabend mit Balkengucken in das Wahlkreisbüro in unserer Geschäftsstelle am Samstagabend ab 20 Uhr ein. Aufgrund der Zeitzonen können wir uns alle auf eine spannende Nacht einstellen. So beginnt die Wahlparty in Reykjavík nach unserer Zeit um 22 Uhr.

Wann: Samstag, 29. Oktober ab 20:00 Uhr
Wo: Landesgeschäftsstelle der Piratenpartei Baden-Württemberg, Stöckachstraße 53, 70190 Stuttgart

Beitrag von Marc „Grumpy“ Olejak

*Wieso sind die Píratar so erfolgreich?*

Nach der Bankenkrise um die Kaupþing banki sind seit den letzten Wahlen 2013 drei PIRATEN im isländischen Parlament „Alþingi“ vertreten. Hierbei konnten sie zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern Islands zuschauen, wie alle Wahlversprechen, mit denen die jetzt in Frage gestellte Regierung angetreten war, nach der Wahl konsequent gebrochen wurden – beispielsweise:

– Ein lange vorliegender bürgerlicher Verfassungsentwurf? Gekippt.
– Ein freies Referendum über einen möglichen EU-Beitritt? Gekippt.
– Ein verbesserter Schutz für Whistleblower, die beispielsweise auch zur Klärung der Kaupþing-Krise beitrugen? Gekippt.

Die Panama-Papers der vergangenen Monate brachten das Fass bei den Isländern zum Überlaufen – dass ausgerechnet der gewählte Ministerpräsident Sigmundur Davíð Gunnlaugsson sich in einem vom schwedischen Staatsfernsehen SVT geführten Interview in Widersprüche zu ausländischen Briefkastenfirmen in Verbindung zur damaligen Bankenkrise verhedderte und das Interview abbrach, war der entscheidende Wendepunkt, der zu den jetzigen Neuwahlen führte.

*Wer sind diese Píratar?*

Für die in Island noch recht jungen Píratar war eine Listenaufstellung aus den rund 300.000 Isländerinnen und Isländern keine einfache Aufgabe – ähnlich problematisch könnte höchstens die Aufstellung einer isländischen Fußball-Nationalmannschaft gewesen sein.

Am bekanntesten ist wohl für die Píratar die ehemalige Wikileaks-Aktivistin Birgitta Jónsdóttir, die bereits als Bürgerrechtsaktivistin 2009 ins Alþingi gewählt wurde. Als „Poetician“, also politische Poetin, vertritt sie seit Jahren die Meinung, dass die Digitalisierung der Gesellschaft auch zu einer Demokratisierung führen kann, wenn die Bürgerinnen und Bürger entsprechend „mitgenommen“ werden. In ihrer Bescheidenheit versucht sie momentan alles, um nicht als zukünftige Ministerpräsidentin gehandelt zu werden.

In der digitalen Szene dürfte vielen auch Smári McCarthy bekannt sein. Als „Hacktivist“ für Freie Daten und Programmierer für Freie Software, hat er zu den diesjährigen Wahlen seine Zelte in Schottland abgebaut und tritt nun im touristisch sehr bekannten Süden Islands als Erstplatzierter für die Píratar an.

*Und was wollen die Píratar jetzt ändern?*

Es braucht kein Vollprogramm auf Island – es geht um die Grundsätze. Im Mit-NATO-Gründungsland Island, welches gerade mal zwei Schiffe der Küstenwache ins Rennen schicken kann, haben sich die Píratar auf fünf Kernforderungen verständigt:

1. Einbringung und Volksabstimmung über eine neue Verfassung.
2. Demokratisierung der isländischen Naturressourcen.
3. Wiedereinführung einer freien Krankenversicherung.
4. Stärkung der Bürgerbeteiligung.
5. Transparenz des Staates gegen Korruption.

*Die PIRATEN stellen die Regierung?*

Die momentanen Umfragewerte zeigen seit Monaten, dass die Píratar als Spitzenreiter gehandelt werden. Selbst wenn die PIRATEN mit 22% die stärkste Fraktion im Alþingi stellen sollten, ist klar, dass sie eine Umsetzung ihrer Forderungen nicht alleine werden stemmen können. Daher wird bereits seit knapp zwei Wochen in immer wiederkehrenden Verhandlungen mit den anderen sechs Parteien und Bürgerrechtsbewegungen versucht, bereits vor der Wahl auszuloten, was dann nach der neuen Regierungsbildung umsetzbar sein wird.

„Ich bin sicher, die Píratar werden mehr als die Hälfte ihrer Ziele umsetzen und freue mich gespannt auf die Zukunft Islands nach diesem Wahlabend – #IcelandSmites!“

Marc „Grumpy“ Olejak ist als Pirat Beisitzer im Kreisverband der Piratenpartei Düsseldorf, Parlamentarischer Geschäftsführer der Piratenfraktion im Landtag NRW und großer Skandinavien-Fan von Finnland bis Island und hat bereits die letzten Wahlen in Island im Februar 2013 begleitet.