Am Sonntag, den 26. August, gingen wieder Piraten und Verbündete in ganz Europa auf die Straßen, um gegen die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie zu demonstrieren. Auch in Stuttgart waren wir den Nachmittag über auf dem Marienplatz vertreten, um über die Gefahren der geplanten Änderungen zu informieren.
[maincolor_box background=true]Am Mittwoch wird im Europaparlament abgestimmt!
Informationen über die neuesten Entwicklungen findet ihr auf der Website unserer Europaabgeordneten Julia Reda.[/maincolor_box]
Die geplante Version der Urheberrechtsreform gefährdet das Internet in seiner jetzigen Form. So werden von Plattformen implizit sogenannte Uploadfilter verlangt, welche Uploads von Nutzern nach vermeintlichen Urheberrechtsverstößen automatisiert filtern sollen. Dies ist doppelt problematisch: Einerseits können sich nur die großen Internet-Giganten solch eine Infrastruktur leisten und kleinere Unternehmen werden es schwer haben, die Anforderungen erfüllen zu können und deshalb lieber keinen nutzergenerierten Content zulassen. Außerdem wird dies dazu führen, dass zu viel geblockt wird: Wenn Zweifel am Material beim Hochladen besteht, wird lieber ohne viel Federlesens geblockt als sich dem Risiko auszusetzen, dass das Material in letzter Instanz vielleicht doch problematisch sein könnte. Automatische Filter können auch nicht zwischen Urheberrechtsverstößen und legalen Formen, wie beispielsweise Parodie und Satire, unterscheiden.
Neben den Uploadfiltern soll auch noch ein sogenanntes „Leistungsschutzrecht“ eingeführt werden, welches faktisch eine Link-Steuer bedeutet. Große Verlage wollen erreichen, dass auch minimale Zitate aus Artikeln nur mit deren Einwilligung (und damit wohl gegen Bezahlung) verbreitet werden dürfen. Verlinkungen, bei denen automatisch eine kurze Vorschau der verlinkten Seite angezeigt werden, sind dadurch nicht mehr möglich. Sogar das reine Zitieren der Überschrift könnte dann gefährlich werden. In einem freien Internet darf sollte das natürlich nicht der Fall sein. Die Finanzierung von gutem und unabhängigem Online-Journalismus könnte zum Beispiel über Spenden funktionieren, so wie das manche News-Websites bereits betreiben.
Auf der Demonstration in Stuttgart hielt auch Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der Piraten zur letzten Landtagswahl, eine Rede.
„Verlinkungen sind keine Urheberrechtsverletzungen! Remixe, Memes und Fanfiction gehören eindeutig zur Freiheit der Kunst!“Anja Hirschel
Das Internet in seiner jetzigen Form wird wahrscheinlich nicht mehr möglich sein, wenn die Reform am 12. September durchgewunken wird. Die Netzgemeinde muss jetzt alles daran setzen, diesen Angriff auf die Freiheit und Kreativität aller Nutzer zu stoppen.“Michael Knödler
Julia Reda, die Europa-Abgeordnete der Piratenpartei, kämpft jedenfalls bereits tatkräftig dafür, einen akzeptablen Kompromiss zu erringen. Axel Voss, der die Urheberrechtsverschärfungen hauptsächlich vorangetrieben hat, soll es nicht sehr einfach haben, eine faktische Zensurinfrastruktur aufzubauen.
Von der Verwertungsindustrie kommt kräftiger Gegenwind. So behauptet u.a. die GEMA, dass der ganze Protest gegen die Urheberrechts-Gesetzgebung im Wesentlichen orchestriert sei und von einem Bot-Netzwerk stamme. Diese Interpretation konnten die Protestierer natürlich nicht einfach auf sich sitzen lassen und zeigten mit der Kampagne #NotABot, dass der Protest sehr wohl von den vielen menschlichen Nutzern des weltweiten Netzes der Netze ausgeht und nicht etwa von Julia und ihren vermeintlichen Bots.
Abschließend haben die Demonstranten vor den Gefahren der Zensur gewarnt und der Öffentlichkeit die Risiken dargelegt. Jetzt muss das Europaparlament handeln und zeigen, ob es eher Sachverstand und guten Argumenten oder lobbyistischer Beeinflussung folgt.