Digitale Bildung ist essenzieller Bestandteil, um Kinder und Jugendliche fit für die Zukunft zu machen. Der aktuelle durch die Coronapandemie verursachte Digitalisierungsschub darf nicht abebben, fordert die Piratenpartei.

Das Land Baden-Württemberg hat sich in der Vergangenheit nicht mit Ruhm bekleckert, wenn es um die digitale Bildung ging. Die eigentlich für 2018 geplante Bildungsplattform “Ella” hatte bereits über 6 Millionen Euro verschlungen, als klar wurde, dass sie wohl ersteinmal zurückgestellt werden muss. Von Seiten des Landes gibt es derweil noch immer keine zusammenhängende technische Lösung. 4000 Moodle-Instanzen wurden als Notnagel hochgezogen.

“Das trifft die allermeisten Schulen nun total unvorbereitet. In den letzten Jahrzehnten hat sich niemand Gedanken um digitalen Unterricht gemacht, allenfalls ging es um Beamer und smarte Tafeln, aber nicht um Lernplattformen.” Borys Sobieski

“Das fällt uns nun auf die Füße. Wir haben keine Lösung parat. Die müssen jetzt erst entwickelt und getestet werden”, kommentiert Borys Sobieski, Landesvorsitzender.

Auch die Schulverwaltungssoftware “Amtliche Schulverwaltung Baden-Württemberg” (ASV-BW) kostete letzendlich das 12-fache, 47 Millionen Euro, und ist nun nach 13 Jahren erstmals in der Erprobung.

Vieles hängt dieser Tage auch am Engagement und den Kenntnissen der Lehrkräfte. Videokonferenzen und digitales Lernen fordern ein Umdenken.

“Baden-Württemberg hat es sträflich verschlafen, Lehrerinnen und Lehrer auf eine Lehre mit moderner Technik vorzubereiten. Wir haben bereits im vergangenen Jahr gefordert, dass dies Bestandteil jeder Fortbildung werden muss”, so Sobieski. “Die Zeit jetzt muss auch dringend genutzt werden, um die Lehrkräfte mit Webinaren auf diese digitalen Bildungsformen vorzubereiten. Lehrkräfte müssen lernen, wie sie Aufgaben auf Lernplattformen verteilen, wie sie den Schülerinnen und Schülern geeignetes Material zukommen lassen und insbesonders auch, wie das Lernen strukturiert werden muss, um in solch stark veränderter Konstellation zu funktionieren. Dieses digitale Lernen funktioniert nicht mehr lediglich über die Kontrolle der Anwesenheit.”

“Die Kinder und Jugendlichen müssen motiviert werden, selbständig zu lernen und sich Stoff anzueignen. Das klappt nur, wenn auch entsprechende Konzepte bei den Lehrkräften vorhanden sind.” Borys Sobieski

Ganz Gegenteilig stellt sich die aktuelle Situation dar. Schulungen, etwa für die Schulverwaltungssoftware, sind abgesagt. Materialien für die Lehrkräfte sind weit gestreut über die Medienzentren, den Landesbildungsserver und auch die Landeszentrale für politische Bildung bietet Inhalte an. Selbst die öffentlich-rechtlichen Sender haben zum Teil Angebote geschaffen.

“Das ist ja schön, wenn es einige Angebote gibt, es ist aber unpraktisch, wenn diese über zig Seiten verteilt sind und auch in sehr unterschiedlichen Formaten gehalten sind”, erläutert Sobieski. “Es braucht Angebote, die auch mit den eingesetzten Plattformen kompatibel sind. Kurse, Tests und Blätter müssen einfach zu im- und exportieren sein, Formate wie H5P oder dergleichen müssen etabliert werden. Stichwort OpenAccess: Inhalte, die mit unseren Steuergeldern finanziert werden, sollten uns auch offen zur Verfügung stehen. Damit kann man auch das Interkompatibilitätsproblem lösen, wenn Formate genutzt werden, die weit verbreitet sind. Es ist die Aufgabe des Kultusministeriums, die Rahmenbedingungen dafür zu setzen.”

Einige Schülerinnen und Schüler werden in der aktuellen Situation abgehängt. Ihnen ist die Teilhabe an der digitalen Bildung verwehrt.

“Es ist leicht nachvollziehbar, dass sich nicht alle Eltern einen Laptop für jedes ihrer Kinder leisten können. Die digitale Bildung setzt aber auf genau solche technische Ausstattung. Die Verantwortung hierfür darf nicht auf die Kinder und Familien abgewälzt werden. Alle Schulen müssen genügend Geräte zur Verfügung stellen, damit alle Schülerinnen und Schüler am digitalen Unterricht teilnehmen können. Im Zweifel müssen die Schulen auch Räume mit Internetanschluss zur Verfügung stellen”, so Sobieski. “Die finanziellen Mittel müssen vom Land oder Bund kommen. Es braucht dann aber auch entsprechende Zeitkontingente beim Lehrpersonal, um die Geräte zu warten und den Nutzern technischen Support zu leisten.”

“Diese Infrastruktur fehlt bislang an den Schulen, das muss jetzt kommen. Solche Geräte sind auch nur dann sinnvoll, wenn sie von den Lehrkräften in den Unterricht einbezogen werden.” Borys Sobieski