Kommentar

Ein Kommentar von Nasrin Amirsedghi zum politischem Islam.

Nasrin Amirsedghi

Philologin (Dozentin), Studium: Literatur, Philosophie, Philologie & Islamwissenschaften an der Uni.: Teheran/Iran; Pavia/Italien und Mainz/Deutschland

Der politische Islam stellt eine ernstzunehmende Bedrohung für demokratische Gesellschaften dar. Diese Form des Islam zielt darauf ab, religiöse Prinzipien und Gesetze in den staatlichen und öffentlichen Raum zu integrieren, wodurch die fundamentalen Werte wie Freiheit, Gleichberechtigung und Säkularität untergraben werden. Der politische Islam strebt die Errichtung eines Gesellschaftssystems an, das religiöse Vorschriften über staatliche Gesetze stellt, und fördert eine Weltanschauung, die oft im Widerspruch zu den Menschenrechten steht, insbesondere was die Rechte von Frauen und Minderheiten betrifft.

Eine der Methoden, die Gefahren des politischen Islams zu bagatellisieren, ist die Relativierung und Verharmlosung seiner Ziele. Oft wird argumentiert, dass es sich bei Forderungen nach der Einführung von Scharia-Gesetzen oder geschlechtergetrennter Bildung um kulturelle Eigenheiten handelt, die respektiert werden müssten (positiver Rassismus). Kritiker des politischen Islams werden manchmal als islamophob dargestellt, was dazu führt, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Risiken dieser Ideologie erschwert wird. Durch solche Strategien werden die tatsächlichen Gefahren, die von einer politischen Instrumentalisierung des Islam ausgehen, verschleiert und heruntergespielt.

Ein besonders umstrittenes Thema im Kontext des politischen Islams ist die Verschleierung von Frauen. Die Verschleierung, insbesondere in Form von Kopftüchern oder Ganzkörperschleiern, wird von Anhängern des politischen Islams oft als Ausdruck religiöser Freiheit dargestellt. In vielen Fällen handelt es sich jedoch um ein Symbol der Unterdrückung und einen sichtbaren Ausdruck der geschlechtlichen Ungleichheit. Die Verschleierung trägt dazu bei, Frauen aus dem öffentlichen Leben auszuschließen, ihre Sichtbarkeit zu reduzieren und ihnen grundlegende Rechte und Freiheiten zu verwehren.

Verschleierung ist problematisch, weil sie nicht nur als religiöses Symbol fungiert, sondern auch als politisches Statement. Sie markiert eine Abgrenzung zur säkularen Gesellschaft und trägt zur Stärkung einer Ideologie bei, die Geschlechtersegregation und patriarchalische Strukturen fördert. In vielen Gemeinschaften ist die Verschleierung nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung, sondern wird durch sozialen Druck und patriarchale Normen erzwungen. Diese Dynamik verstärkt die Machtstrukturen, die der politische Islam aufrechterhalten will.

Es ist daher wichtig, die Verschleierung nicht als bloßes Kleidungsstück zu betrachten, sondern als ein Symbol, das tiefgreifende gesellschaftliche und politische Implikationen hat. In einer offenen und demokratischen Gesellschaft müssen solche Entwicklungen kritisch hinterfragt und deren Auswirkungen auf die Freiheit und Gleichberechtigung aller Bürger diskutiert werden.