Die Medienberichte zu Problemen bei der ISDN-Abschaltung im ländlichen Raum häufen sich. Neben Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern kommt es auch in Baden-Württemberg zu Komplikationen. Die Piratenpartei fordert ein Ende der alternativlosen Abschaltung und ein Recht auf einen funktionierenden Internetanschluss.
„Es ist ein Unding, dass ISDN-Anschlüsse, mögen sie noch so veraltet sein, abgeschaltet werden, ohne dass den Nutzern eine benutzbare Alternative vorliegt.“ Borys Sobieski
„Da ist Internet und Telefon nicht mehr oder meist nur mangelhaft nutzbar.“, kommentiert Borys Sobieski, Landesvorsitzender der Piratenpartei Baden-Württemberg. „Wir müssen die alte ISDN-Technologie obsolet machen indem wir sie durch bessere, neuere Standards ersetzen und nicht einfach nur abschalten. Wir brauchen ein Recht auf einen funktionierenden Internetanschluss. So ließen sich solche Missstände vermeiden. Die Landesregierung zeigt sich bei uns leider nicht so engagiert wie in anderen Bundesländern.“
Philip Köngeter, Stadt- und Kreisrat für die Piratenpartei im Rems-Murr-Kreis, kennt die Probleme aus erster Hand.
„Ich konnte das im ersten Moment selbst nicht glauben, dass den Anwohnern der Zugang zur Außenwelt gekappt wird. Gerne wird dann auf Alternativen wie LTE verwiesen oder man bekommt maximal eine analoge Telefonleitung. Bei LTE ist die Verfügbarkeit aber auch nicht überall gegeben und die erreichbaren Übertragungsraten schwanken stark, wenn es überhaupt in diesen Orten Empfang eines Anbieters gibt.“, so Köngeter. „Ziel muss es sein, jeden Haushalt mit Glasfaser-Anschlüssen zu versorgen. Diese sind leistungsstark und zukunftsfähig. Erst wenn die neue Technik einsatzbereit ist, können wir die alte abschalten.“
Gut 10% der Haushalte in Deutschland profitieren von Glasfaseranbindungen bis ans Haus.
„Der ländliche Raum darf nicht abgehängt werden. Daher sollten Netze für dicht- und dünn-besiedelte Gebiete immer gemeinsam vergeben werden.“ Philip Köngeter
„Die Gigabit Region Stuttgart etwa versucht auch solch einen Ausgleich zu schaffen. Für viele kleine Gemeinden und Städte ist auch der Eigenanteil von 10 %, so niedrig sich dieser anhört, noch zu viel. Die Strecken zwischen einzelnen Höfen und noch kleineren Dörfern sind oft riesig. Selbst bei einem abgeschlossenen Ausbau von Glasfaser in Eigenregie der Kommune bleiben diese oft auf Ihren Netzen Sitzen, weil niemand ein Internet und Telefonnetz dort betreiben möchte. Zu unattraktiv für die Anbieter, heißt es dann. Ein gesetzlich garantiertes Recht auf einen angemessenen Internetanschluss würde dem entsprechend Nachdruck verleihen“, ergänzt Köngeter.
Beim Mobilfunk erfüllen die Anbieter die Ausbau-Anforderungen nicht. Die Bundesnetzagentur gewährt Aufschub bis Ende 2020.
„Der Mobilfunk ist in manchen Gegenden die letzte Hoffnung für die Bewohner, doch wenn das Netz nicht entsprechend ausgebaut ist, ist das hoffnungslos.“ Philip Köngeter
„Wir brauchen ein umfassendes Programm um sicherzustellen, dass alle Bürger und Bürgerinnen Zugang zum Internet haben. Gerade die Coronapandemie zeigt wie wichtig das ist um weiterhin an der Gesellschaft teilzuhaben. Die Big-Player haben gezeigt, dass sie nicht für einen vollständigen Ausbau bereit sind. Es ist Aufgabe des Staats, eine Grundversorgung sicherzustellen“, so Köngeter. „Dabei können eigene Gesellschaften entstehen die diese Aufgaben übernehmen, oder aber eine gesetzliche Garantie, die die großen Konzerne zum Ausbau verpflichtet.“