Arbeit, Soziales und Gesundheit

Freiheit hat auch mit dem Recht jedes Menschen zu tun, ein möglichst selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter zu führen. Dazu ist man aber oft auch auf die Solidarität anderer angewiesen. Deshalb wollen wir, dass auch künftig Gesunde für Kranke, Arbeitende für Arbeitslose, Jung für Alt und Alt für Jung eintreten. So kann eine gerechte Gesellschaft bestehen, die Freiheit für jeden ermöglicht.

Wir wollen, dass sich das Land Baden-Württemberg in diesem Sinne auch bei der arbeits-, sozial- und gesundheitspolitischen Gesetzgebung im Bundesrat einbringt.

Für uns sind Familien all jene Lebenskonstellationen, in denen Verantwortung für Angehörige übernommen wird. Dabei ist die Anzahl der Verantwortlichen, deren Beziehung zueinander und deren Geschlecht unerheblich.

Arbeitsmarktpolitik

Wir betrachten die Bereiche Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik als Einheit. Sie sind gemeinsam für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben entscheidend.

Die Maßnahmen beider Bereiche beeinflussen sich gegenseitig. Sie müssen gemeinsam gestaltet und beurteilt werden.

Die aktuell praktizierten schlechten Verbindungen von Arbeitswelt und Sozialpolitik durch die enge Bindung von Sozialleistungen an Arbeitsleistungen bzw. Arbeitsbereitschaft und die Schaffung scheinhafter Arbeitswelten etwa in leerlaufenden Beschäftigungsprogrammen für Langzeitarbeitslose lehnen wir ab.

Wir setzen uns für eine Arbeitsmarktpolitik ein, die sozialpolitischen Interventionen vorbeugt. Dies soll durch verbesserte Rahmenbedingungen für die Arbeitswelt geschehen – im Interesse von Arbeitenden, Arbeitssuchenden und kleinen Selbstständigen. Wir wollen die Hürden zur Erwerbstätigkeit drastisch senken. Dies soll durch flexiblere Arbeitsprozesse im Interesse der Arbeitnehmenden, Förderung von Arbeitsplatzteilungsmodellen, bessere Verkehrs- und Kinderbetreuungsinfrastrukturen und durch Entbürokratisierungen beim Zugang zur Selbstständigkeit und bei der Gestaltung von Selbstständigkeit erreicht werden.

Förderung von offenen Arbeitsstrukturen

Wir setzen uns für die Förderung von offenen Arbeitsstrukturen wie Hackerspaces und Co-Workingspaces ein. Es handelt sich dabei um offene Räume für Wissenschaft, Technik und Kunst, die von mehreren Gruppen oder Personen zum gemeinsamen Arbeiten genutzt werden. Als „Büro-WGs“ speziell für Heimarbeitende oder Selbständige schaffen sie Mehrwert für alle und die Gemeinschaft.

Die so geschaffenen Möglichkeiten bieten ein großes Innovationspotenzial. Bürgerinnen und Bürgern wird die Chance gegeben, ihre sozialen und beruflichen Talente im Austausch und in der Zusammenarbeit mit Anderen zu entfalten. Darüber hinaus bieten offene Arbeitsstrukturen flexible Arbeitszeiten und stellen damit eine Möglichkeit dar, Familie, Freizeit und Beruf in Einklang zu bringen. Wir möchten die Bereitstellung von leerstehenden Räumlichkeiten für solche Projekte fördern.

Erneute Begrenzung der Leiharbeit

Leiharbeit stellt für die Wirtschaft ein sinnvolles und notwendiges Instrument dar, um Auftragsspitzen zu bewältigen. In einzelnen Unternehmen stellen die Leiharbeitskräfte mittlerweile betriebsintern aber eine Art Konkurrenz und Druckmittel gegen die Stammbelegschaft dar. Leiharbeit sollte wegen ihres Missbrauchspotenzials wieder begrenzt werden. Wir wollen, dass das Land Baden-Württemberg dazu eine entsprechende Initiative im Bundesrat startet. Nach französischem Vorbild sollen Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter nicht eine billige Verfügungsmasse sein, mit der reguläre Beschäftigte unter Druck gesetzt werden können, sondern für die ihnen abverlangte Flexibilität mit einem Lohnzuschlag entschädigt werden.

Wir werden darüber hinaus eine maximal zulässige Überlassungsdauer von sechs Monaten für Leiharbeitskräfte durch eine Änderung des „Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“ anstreben. Zusätzlich sprechen wir uns für eine Höchstquote von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern je Unternehmen bezogen auf die jeweilige Stammbelegschaft in Höhe von zehn Prozent aus.

Missbrauch von Praktikantinnen und Praktikanten verhindern

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Praktikantinnen und Praktikanten als billige Arbeitskräfte ausbeuten, verhalten sich nicht nur unfair gegenüber diesen, sondern auch gegenüber ihren Mitbewerberinnen und Mitbewerbern sowie den sozialen Sicherungssystemen.

Darum wollen wir die Regelungen für Praktika verschärfen. Probezeit, Werkstudierendentätigkeit und befristete Arbeitsverträge sind ausreichende Werkzeuge des Arbeitsmarkts, um Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern den Start in das Berufsleben zu erleichtern. Ein erster Schritt ist die Zurücknahme der Ausnahmeregelung für Praktikantinnen und Praktikanten beim Mindestlohn.

Einstieg ins Berufsleben

Die Piratenpartei möchte jungen Menschen den Einstieg ins Berufsleben erleichtern. Gerade von diesem Einstieg hängt oft das Sammeln von Berufserfahrung ab. Deshalb möchten wir das ESF-Bundesprogramm: „Kofinanzierung der Berufseinstiegsbegleitung“, das 2015 gestartet ist, bekannter machen und erreichen, dass Fördermittel dort abgerufen werden, wo sie notwendig sind. Die Berufseinstiegsbegleitung ist eine individuelle Unterstützung beim Übergang von allgemeinbildenden Schulen in eine berufliche Ausbildung. Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter helfen Jugendlichen und jungen Erwachsenen beim Erreichen des Schulabschlusses, unterstützen bei der Berufswahl und geben Hilfestellung bei der Aufnahme einer Berufsausbildung.

Mindestlohn auch für Langzeitarbeitslose

Die Piratenpartei spricht sich für eine Bundesratsinitiative Baden-Württembergs mit dem Ziel aus, dass der gesetzliche Mindestlohn auch für Langzeitarbeitslose zur Anwendung kommt.

Kein Sonderrecht für kirchliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber

Die Piratenpartei tritt dafür ein, die Kirchen im Arbeitsrecht mit den übrigen Tendenzbetrieben gleichzustellen. Damit würden Kündigungsschutz, Mitbestimmung, Streikrecht, Koalitionsfreiheit und Rechte der Arbeitnehmenden entsprechend dem Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht gelten. Deshalb spricht sich die Piratenpartei für eine Bundesratsinitiative aus, § 118 (2) des Betriebsverfassungsgesetzes (Sonderregelung für Religionsgemeinschaften) zu streichen und § 9 des Allgemeinen Gleichberechtigungsgesetzes entsprechend den EU-Regelungen umzugestalten.

Die Piratenpartei spricht sich dafür aus, dass für überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierte Betriebe – etwa im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens – die Beachtung der Grundrechte und der Regeln des Allgemeinen Gleichberechtigungsgesetzes Voraussetzung für die öffentliche Förderung sein muss.

Stärkung der Rechte weiblicher und männlicher Prostituierter

Die Entscheidung zur Ausübung der Prostitution fällt unter das Recht auf freie Berufswahl sowie unter das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die Entscheidung zur Ausübung der Prostitution ist daher von Staat und Gesellschaft zu akzeptieren.
Eine Diskriminierung und Kriminalisierung von Sexarbeitskräften und ihrer Kundschaft lehnt die Piratenpartei Baden-Württemberg ab.

Selbstbestimmt tätige Sexarbeitskräfte sind keine Opfer, solange sie ihren Beruf eigenverantwortlich auf der Grundlage freier Entscheidung ausüben. Ihre Tätigkeit bedarf besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse und verdient gesellschaftliche Anerkennung.

Deshalb werden wir alle Sonderregelungen zur Reglementierung von Prostitution dahingehend prüfen, ob sie geeignet, erforderlich und angemessen sind, die Anerkennung und Rechte von Sexarbeitskräften sicherzustellen. Die Rechte selbstbestimmter und legal tätiger Sexarbeitskräfte zu stärken stellt das beste Mittel gegen jedwede Form der Fremdbestimmung dar. Sie dient der rechtlichen Gleichbehandlung sowie der freien und ungehinderten Berufsausübung.

Gesetzesinitiativen, auch auf Bundesebene, die zum Ziel haben, den Prostitutionsberuf mit zusätzlichen besonderen Auflagen und Meldepflichten zu belegen, sind daher abzulehnen, ebenso wie Verbote bestimmter Sexpraktiken.

Sozialpolitik

Wir stehen langfristig für eine Sozialpolitik, die sich an den folgenden beiden Prinzipien orientiert: Eine menschenwürdige Grundsicherung für alle Mitglieder des Gemeinwesens garantieren und die produktive Verbindung der Sozialpolitik mit der Erwerbsarbeit fördern.
Ein sozial befriedigendes Modell der Grundsicherung darf nicht dazu führen, dass längst überfällige Reformen der Arbeitswelt ausbleiben und große Teile der Bevölkerung von der Teilhabe am Arbeitsmarkt oder angemessener Entlohnung für ihre Arbeit ausgeschlossen bleiben.

Ja zum bedingungslosen Grundeinkommen

Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein wichtiges politisches Ziel der Piratenpartei. Es ist in ihrem Grundsatzprogramm mit der Forderung auf ein Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe definiert. Die Piratenpartei wird sich im Bundesrat dafür einsetzen, erste Schritte hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen voranzubringen.

Sozialräume und Sozialberichterstattung

Unsere Sozialsysteme müssen sich an die infolge des demografischen Wandels veränderte Gesellschaft anpassen. Innovative neue Modelle können hier zu einer deutlichen Verbesserung der Situation führen. In neu geschaffenen regionalen Sozialräumen kann beispielsweise ehrenamtliches Engagement und Sozialarbeit koordiniert und gefördert werden.

Wir erkennen die Notwendigkeit, eine integrierte Sozialberichterstattung aufzubauen, die die erforderlichen Informationen liefert, um zu wissen, welcher Art die Probleme sind und wo sie auftreten. Diese Erkenntnisse sollten für alle Bürgerinnen und Bürger transparent zur Verfügung stehen.

Als Grundlage sollten hier aber die persönliche Betrachtung der Sozialräume und die Erfahrung der Menschen vor Ort dienen. Die Sammlung und Auswertung von Daten unter Missachtung der informationellen Selbstbestimmung, beispielsweise durch Zensus oder Volkszählung, lehnen wir ab.

Sozialer Wohnungsbau

Insbesondere in den Städten wird bezahlbarer Wohnraum immer knapper. Die Gründe dafür sind vielfältig: steigende Nachfrage nach größeren Wohnungen, anhaltender Trend zu Einpersonenhaushalten, geringere Einkommen, steigende Mieten durch „Aufwertung“ und vor allem der Rückzug der öffentlichen Hand bei der Schaffung preiswerten Wohnraums. Bezahlbarer und vor allem alters- und familiengerechter Wohnraum wird zunehmend nur in Randlagen angeboten, während die teuren Innenstadtlagen einer besser verdienenden Zielgruppe vorbehalten bleiben. Dies führt zu einer nicht akzeptablen sozialen Segregation in unserer Gesellschaft. Die Piratenpartei fordert daher eine dauerhafte, bedarfsgerechte Förderung eines gemeinnützigen Wohnungsbaus. Dieser sichert nicht nur Wohnraum für finanziell schlechter gestellte Haushalte, er spart letztlich auch Transferleistungen und wirkt dämpfend auf das allgemein ansteigende Mietzinsniveau. In diesem Zusammenhang sollen auch der genossenschaftliche Wohnungsbau und die Mietshäusersyndikate gefördert werden, die den Zweck haben, ihren Mitgliedern dauerhaft preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die öffentliche Hand muss im Rahmen transparenter Planung Rechenschaft darüber ablegen, welche Grundstücke sich im öffentlichen Besitz befinden und warum diese nicht für die Schaffung preiswerten Wohnraums zur Verfügung gestellt werden. Grundstücke der öffentlichen Hand sollen nicht verkauft, sondern nach Projektqualität in Erbbaupacht mit periodischen Pachtabschlägen vergeben werden. In Frage kommende Grundstücke sollen dabei vorrangig für genossenschaftlichen und sozialen Wohnbau verwendet werden.

Öffentlicher Raum für alle

Die Nutzungsmöglichkeiten des öffentlichen Raums für alle müssen verbessert werden. Die Innenstädte gehören auch spielenden Kindern und skatenden Jugendlichen. Wir möchten den Gebrauch öffentlicher Gebäude durch Vereinigungen von Bürgerinnen und Bürgern, Vereine und Kulturgruppen fördern und setzen uns für entsprechende Verbesserungen in Nutzungs- und Haftungsregelungen ein.

Gewalt als gesellschaftliches Problem

Gewalt ist ein gesellschaftliches Problem. Nach Meinungen von Expertinnen und Experten führen Computerspiele und Paintball allein nicht zur Entstehung von Gewalt. Deswegen wenden wir uns gegen ein gesetzliches Verbot solcher Spiele und gegen die Kriminalisierung der Spielerinnen und Spieler. Wir unterstützen den Ausbau der Gewaltprävention an Schulen, durch Beratungsstellen und Jugendzentren. Hierzu bedarf es besonders der flächendeckenden Tätigkeit pädagogisch-psychologischer Fachkräfte in diesen Einrichtungen.

Jugendförderung im Landesjugendplan

Wir bekennen uns zur offenen Jugendarbeit und zur Arbeit der Jugendverbände in Baden-Württemberg. Der Landesjugendplan muss angesichts des wachsenden Bedarfs eine bessere Förderung von Jugendfreizeiten und für die Fortbildung der Jugendleiterinnen und -leiter vorsehen. Den stetigen Rückzug des Landes aus der Finanzierung der Jugendarbeit wie auch aus der landesweiten Förderung der Jugendmusik- und Kunstschulen lehnen wir ab.

Gesundheit

Transparenz im Gesundheitswesen

Das Land ist für die Aufsicht über die Strukturen im Gesundheitswesen zuständig. Diese Aufgabe wird bislang nur unzureichend wahrgenommen, wie das Anhäufen von Schulden bei manchen gesetzlichen Krankenkassen in der Vergangenheit gezeigt hat. Wir stehen für Transparenz auch im Gesundheitswesen, um solche Probleme in Zukunft zu vermeiden.

Elektronische Gesundheitskarte

Wir erkennen den Vorteil an, den eine rasche Zugriffsmöglichkeit von Ärztinnen und Ärzten auf diagnose- und behandlungsrelevante Daten von Patientinnen und Patienten hat. Die elektronische Gesundheitskarte müssen wir aber ablehnen. Die elektronische Gesundheitskarte hat sich weit von ihrer ursprünglichen Zielsetzung entfernt und sieht eine umfassende Speicherung sensibler Daten der Patientinnen und Patienten in zentralen Datenbanken vor, was ein erhebliches Risiko für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt. Wir wollen Möglichkeiten erarbeiten, die angestrebten Vorteile mit diesem Grundrecht vereinbar zu machen.

Privatisierung im Gesundheitswesen

Privatisierungsbestrebungen im baden-württembergischen Gesundheitssystem lehnen wir ab. Wir wollen insbesondere den Bestand und den Umfang staatlicher Kliniken im Land, und damit die medizinische Versorgung der Bevölkerung erhalten und ausbauen.

Zentren für Psychiatrie

Angesichts seelischer Erkrankungen als Folge von zunehmendem Stress und Leistungsdruck wollen wir die vernachlässigten Zentren für Psychiatrie besser ausstatten. In diesem Zusammenhang soll sich auch die Gesundheitsforschung stärker mit den krankmachenden Faktoren in der Arbeitswelt beschäftigen.

Screening im Gesundheitswesen

Vorsorge ist besser als Nachsorge! Wir setzen uns für Forschung, Entwicklung und Evaluation neuer Früherkennungsmethoden und Präventionsmaßnahmen gegen Krankheiten ein. Wissenschaftlich anerkannte Vorsorgeuntersuchungen sollen stärker als bisher gefördert werden.

Krebsregister

Krebsregister bieten wichtige Informationen zu Vorbeugung, Früherkennung und Behandlung von Krebserkrankungen. Jahrzehntelang hat die baden-württembergische Landesregierung den Aufbau und die Pflege eines Krebsregisters verzögert und verschleppt.

Wir fordern, dass dem 2009 endlich gestarteten Aufbau des baden-württembergischen Krebsregisters weiterhin hohe Priorität eingeräumt wird.

Kein Einzel-Nachtdienst in Pflegeeinrichtungen

Aufgrund der derzeitigen rechtlichen Lage muss in kleineren Pflegeeinrichtungen mit weniger als 50 Pflegebedürftigen nur eine einzige Nachtwache anwesend sein. Die sach- und fachgerechte Versorgung von Pflegebedürftigen ist für eine einzelne Person oft nicht möglich. Auch zwei Personen sind häufig gleichzeitig beschäftigt. Wir möchten gesetzlich vorschreiben, dass bei Nacht- und Tagdiensten alle Pflegeeinrichtungen immer mit mindestens drei Personen besetzt sein müssen, davon mindestens eine Pflegefachkraft. Grundsätzlich muss gewährleistet werden, dass die individuelle pflegefachliche Betreuung aller Patientinnen und Patienten durch ausreichendes Personal garantiert ist.

Telemedizin

Wir lehnen die sogenannte Telemedizin als billigen Ersatz für eine angemessene ärztliche Betreuung im ländlichen Raum ab. Darunter versteht man diagnostische Entscheidungen und therapeutische Maßnahmen, die Fachärztinnen und -ärzte aufgrund übermittelter Daten anordnen, ohne Patientinnen und Patienten persönlich in Augenschein genommen zu haben. Dies lehnen wir ab, weil dadurch auf Kosten der Versicherten eine verfehlte Gesundheitspolitik kaschiert werden soll. Eine umfassende, individuelle Behandlung ist so nicht gewährleistet und die Gefahr von Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen steigt. Außerdem sind Haftungs- und Datenschutzfragen noch nicht hinreichend geklärt.

Betreuung demenzkranker Menschen

Die Piratenpartei Baden-Württemberg spricht sich für eine individuelle, ganzheitliche Pflege demenziell erkrankter Menschen aus. Geschulte Betreuerinnen und Betreuer sollen die anspruchsvolle und zeitaufwändige Behandlung der Demenz in der Pflege unterstützen und die Pflegekräfte dadurch entlasten. Somit wird eine individuelle und bestmögliche Betreuung gewährleistet.

Für eine moderne und verantwortungsvolle Drogenpolitik

Die Piratenpartei unterstützt die Verwendung von Cannabis in der Medizin und die Legalisierung im Genussbereich.

Wir fordern einen verantwortungsvollen Umgang in der Drogenpolitik in Baden-Württemberg. Neuartige Konzepte sollen umgesetzt werden, wie z. B. der Einsatz von Cannabis in der Schmerztherapie und ein flächendeckendes Angebot der Heroinsubstitution angegliedert an Krankenhäuser.

Wir fordern eine gesetzliche Regelung zur geringen Menge von Cannabis, um endlich in Baden-Württemberg Rechtssicherheit zu schaffen. Eine Menge von 15 Gramm halten wir für angebracht. Vor allem die Schaffung von Cannabis Social Clubs könnte den Jugendschutz gewährleisten und erwachsenen Menschen die Möglichkeit bieten, Cannabis legal anzubauen. Dies führt zur Verringerung des Schwarzmarktes und damit zur Entlastung der Polizei und der Gerichte. Eine Bestrafung von Cannabiskonsumenten durch Führerscheinentzug ohne eine aktive Teilnahme am Straßenverkehr ist unverhältnismäßig und gehört daher abgeschafft.

Kein Verkaufsverbot für Alkohol

In Baden-Württemberg gilt ein nächtliches Verkaufsverbot für Alkohol, das mit exzessivem Alkoholmissbrauch begründet wurde. Wir halten das Verkaufsverbot für wirkungslos, da Alkohol auch auf Vorrat erworben werden kann oder das Verbot auf andere Art umgangen wird.

Wir wollen daher diese aktionistische Regelung zurücknehmen und stattdessen die strikte Einhaltung des bestehenden Jugendschutzgesetzes fördern, sowie die Aufklärung über die Gefahren des Alkoholkonsums bei allen Altersgruppen fördern.

Kein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen

Wir setzen uns für Versammlungsfreiheit und eine vielfältige und freie Nutzung des öffentlichen Raumes ein. Wir lehnen Regelungen ab, die diese Freiheitsrechte unnötig einschränken.
Deswegen stellen wir uns gegen Verbote, die den Konsum von alkoholischen Getränken auf öffentlichen Plätzen untersagen, ohne dass eine konkrete Gefährdung davon ausgeht.

Gleichbehandlung aller Menschen bei der Blutspende

Die Piratenpartei Baden-Württemberg regt eine grundsätzliche Zulassung aller Menschen zur Blutspende an. Hierzu zählen wir insbesondere bislang ausgegrenzte Gruppen wie MSM (Männer, die Sex mit Männern haben), Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sowie Drogenkonsumierende, die Drogen intravenös anwenden oder schnupfen.

Unzweifelhaft gilt: Die Qualität von Blutprodukten muss gewährleistet bleiben und rechtfertigt weiterhin den begründeten Ausschluss von einzelnen Menschen von der Blutspende. Sie dürfen, bei Risikoverhalten, zum Schutz anderer Menschen, von der Blutspende ausgeschlossen werden. Hierfür ausschlaggebend soll jedoch das individuell tatsächlich vorliegende Risikoverhalten und nicht ein hergeleitetes Gruppenverhalten sein.

Für die Piratenpartei gilt, dass Blutspendeauswahlkriterien risikobezogen, unabhängig von der sexuellen Orientierung und anderen, die persönlichen Lebensumstände betreffenden Faktoren, gefasst werden müssen. Die für die Ausgestaltung der Blutspende-Richtlinien Zuständigen sind die Landesärztekammern in Zusammenarbeit mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Sie werden von der Piratenpartei aufgefordert, zu prüfen, wie die Gleichbehandlung aller Menschen bei der Blutspende gefahrlos für die Empfängerinnen und Empfänger zu gewährleisten ist.

Blutspenden regelt ein im Bundesrat zustimmungspflichtiges Gesetz. Die Piratenpartei fordert eine Bundesratsinitiative der Landesregierung. Eine gesellschaftliche Debatte über das Thema ist notwendig. Diese will die Piratenpartei mit ihrer Positionierung anstoßen.