Am vergangenen Montag haben Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, und Alvar Freude, Softwareentwickler, Referent beim LfDI Baden-Württemberg und Autor, über die Digitalisierung diskutiert.
„Die Hersteller sind aktuell nicht zur Sicherheit verpflichtet. Viele Fragen sind da noch ungeklärt. Brauchen wir eine Update-Pflicht für Hersteller? Müssen für Passwörter nicht Mindestanforderungen her? Da haben wir 17 Punkte an das Innenministerium geschickt und keine Antwort bekommen,“ kommentiert Patrick Breyer die laschen Regularien.
„Haben wir nichts aus dem NSA-Skandal gelernt? Dass es bis heute keine Verschlüsselungspflicht gibt, ist mir unverständlich.“Patrick Breyer
Breyer spricht sich für den verpflichtenden Einsatz von Verschlüsselungs-Technologien aus: „Bei der Privacy-Verordnung, die jetzt kommen soll, hat das Parlament nur einen zaghaften Vorstoß zur verpflichtenden Verschlüsselung gemacht. Der Rat hat das wieder brutal rausgestrichen. Da frage ich mich: Haben wir nichts aus dem NSA-Skandal gelernt? Dass es bis heute keine Verschlüsselungspflicht gibt, ist mir unverständlich.“
Das Grundproblem sieht Breyer in der Beeinflussung beim Gesetzgebungsverfahren: „Das Problem ist: Die EU regelt falsch. Sie hat ein Lobbyismus-Problem. Das führt dazu, dass große Unternehmen begünstigt werden und kleine Unternehmen darunter leiden.“
„Was man bei der künstlichen Intelligenz nie vergessen darf: Es ist meist nichts weiter als dumme Statistik.“Alvar Freude
Alvar Freude äußert sich zur künstlichen Intelligenz: „Was man bei der künstlichen Intelligenz nie vergessen darf: Es ist meist nichts weiter als dumme Statistik. Das funktioniert oft gut, das muss es aber nicht. Bei komplexeren Entscheidungen reicht Statistik nicht mehr aus. Wenn maschinelle Entscheidungen Rechtswirkung haben, halte ich das für fragwürdig.“
Auch die zahlreichen Datenskandale bei Facebook waren Thema der Diskussion.
„Facebook versucht, jeden User genau zu kategorisieren und ihn in eine Schubade zu stecken. Da müssen wir uns schon Gedanken machen, was das für Auswirkungen hat, gerade auch im Wahlkampf. Den meisten ist auch nicht bekannt, dass das auch außerhalb von Facebook passiert. Facebook hat auf vielen Webseiten Elemente eingebaut. Das könnten sie ändern, aber das möchten sie nicht“, so Alvar Freude.
Die Rufe nach einer Zerschlagung von Facebook kommentiert Patrick Breyer:
„Ich glaube nicht, dass eine Zerschlagung von Facebook realistisch ist. Was mich an dem Unternehmen ärgert ist, dass viele nicht davon wegkommen. Durch den Netzwerk-Effekt hat man keine freie Wahl.“ Breyer fordert deshalb offene Schnittstellen, um die Kommunikation zwischen Facebook und anderen Diensten zu ermöglichen. „Wenn man das machen würde, hätten auch datenschutzfreundliche Dienste eine Chance.“