Durch die wirtschaftliche Entwicklung und den demographischen Wandel ergeben sich für den Verkehr in Baden-Württemberg besondere Herausforderungen. Diese können nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten bewältigt werden.
Zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik gehört unter anderem der Ausbau klimafreundlicher Verkehrsangebote und die Schaffung städtischer und ländlicher Verkehrsinfrastrukturen, welche die Lebensqualität verbessern. Die Zusammenarbeit über kommunale, regionale und staatliche Grenzen hinaus ist dabei zu intensivieren.
- 10.1 Verkehrskonzept
- 10.2 Verkehrserschließung und Verkehrsangebote
- 10.2.1 Nahverkehr im ländlichen Raum
- 10.2.2 Barrierefreier Ausbau
- 10.2.3 „Bürgerbusse“ für Bürgerinnen und Bürger
- 10.2.4 Erweiterung des länder- und staatenübergreifenden Nahverkehrs
- 10.2.5 Schienenstrecken
- 10.2.6 Integration von Regionalstrecken (Karlsruher Modell)
- 10.2.7 Ausbau und Reaktivierung von Bahnstrecken
- 10.2.8 Alpentransversale besser bedienen
- 10.3 Stuttgart 21
- 10.4 Wirtschaftspolitik
- 10.4.1 Landesbanken sollen Kreditklemmen ausgleichen
- 10.4.2 Landesbanken und Transparenz
- 10.4.3 Keine Einschränkungen beim Bargeldverkehr
- 10.4.4 Ethik bei öffentlichen Beschaffungen
- 10.4.5 Transparente Information über Großprojekte
- 10.4.6 Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe
- 10.4.7 TTIP
- 10.4.8 Breitbandausbau fördern
- 10.5 Steuern und Subventionen
- 10.6 Kommunen in der Verantwortung
- 10.6.1 Stärkung der Kommunen
- 10.6.2 Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung in den Kommunen
- 10.6.3 Verbot von Spekulationsgeschäften für Gemeinden
- 10.6.4 Standortfaktor Breitbandzugang
- 10.6.5 Lokale Planung
- 10.6.6 Freier Zugang und freie Lizenz für Geobasisdaten
- 10.6.7 Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung durch interaktive Karten und Pinnwände
- 10.6.8 Hochwasserschutz am Oberrhein
Verkehrskonzept
Verkehrsbeschränkungen hinterfragen
Verkehrsbeschränkungen sollen nur nach sorgfältiger Prüfung der Voraussetzungen angeordnet werden. Es darf nicht der Verdacht entstehen, dass sie nur dazu dienen, die Kassen an der Strecke liegender Städte und Gemeinden durch Bußgelder zu füllen.
Wir stehen für ein einheitliches umwelt- und verkehrspolitisches Konzept und lehnen Aktionismus ab. Maßnahmen wie Fahrverbote für einzelne Fahrzeugtypen und die Einführung neuer Tempolimits auf autobahnähnlich ausgebauten Straßen erfüllen den vorgeblichen Zweck der Verkehrslenkung zumeist nicht und besitzen ökologisch nur eine Alibifunktion. Den Menschen, die auf die Benutzung dieser Verkehrsräume angewiesen sind, werden dabei keine Alternativen geboten.
Wir setzen stattdessen auf Lösungen, die die Interessen aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer berücksichtigen. Dazu gehört eine vorausschauende Verkehrsplanung genauso wie Verbesserungen im Angebot des öffentlichen Personenverkehrs.
Wir fordern die Abschaffung der 2-Meter-Regel im Waldgesetz. Radfahren im Wald soll künftig auch auf Wegen, die schmaler als zwei Meter sind, mit angepasster Geschwindigkeit erlaubt sein.
Der öffentliche städtische Raum wird dominiert von Autos und Verkehrsschildern. Andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer am städtischen Leben müssen sich notgedrungen anpassen. Wir möchten diese Dominanz einschränken.
Das Konzept des Shared Space ist eine geeignete Basis dafür: Ohne Verkehrszeichen und auf gemeinsam genutzten Verkehrsflächen wird die gegenseitige Achtsamkeit der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer gefördert. Shared Spaces werden nur in Bereichen eingerichtet, die vom Durchgangsverkehr gut umfahren werden können.
Mobilität verbessern im Individualverkehr
Um alternative Verkehrsmittel im Individualverkehr attraktiver zu machen, möchten wir diese besser in den Verkehrsfluss integrieren und ihre Fortbewegungsgeschwindigkeit erhöhen. Daher wollen wir die zulässige Geschwindigkeit für die Motorunterstützung bei Pedelecs von 25km/h auf 30km/h anheben, sowie bei Fahrzeugen, welche mit der Führerscheinklasse AM gefahren werden dürfen, die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 45km/h auf 50km/h erhöhen.
Straßeninformationsdatenbank
Obwohl in vielen Städten Berichte über den Zustand von Straßen vorliegen, werden sie nicht öffentlich zur Verfügung gestellt. Wir wollen diese Informationen in einer kostenlos zugänglichen Straßeninformationsdatenbank unter einer freien Lizenz veröffentlichen, damit eine vielfältige Nutzung beispielsweise für Straßenkarten und Stadtpläne möglich ist.
Für solche Zustandsbeschreibungen existiert bereits ein bundeseinheitliches Datenaustauschformat.
Fahrscheinlosen ÖPNV voranbringen
Mobilität ist Grundlage für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben. Bereits jetzt wird der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) stark bezuschusst. Zudem werden inzwischen die Verkehrsbetriebe von der Erneuerbare-Energien-Umlage (EEG) befreit, wodurch sich Verbraucherinnen und Verbraucher indirekt an den Betriebskosten beteiligen.
Wir setzen uns daher für einen umlagefinanzierten, fahrscheinlosen ÖPNV ein und halten diesen für finanzierbar. Mit Hilfe von mindestens drei großen Feldversuchen wollen wir diese Ansicht überprüfen. Diese Untersuchungen sollen jeweils in einem Ballungszentrum, einem Mittelzentrum und einer Region des ländlichen Raumes in Baden-Württemberg wissenschaftlich begleitet durchgeführt werden.
Keine Überwachungsmaut
Eine PKW-Maut lehnen wir ab. Durch viele bislang vorgeschlagene Systeme zur Mauterfassung droht eine umfassende anlasslose Überwachung aller Autofahrerinnen und Autofahrer, sei es durch ein Kennzeichenscanning oder die ständige Positionsbestimmung von Fahrzeugen mithilfe von Satelliten. Auch die unverhältnismäßig hohen Verwaltungskosten und Nachteile für Grenzregionen im Land sprechen gegen eine PKW-Maut.
Verkehrserschließung und Verkehrsangebote
Nahverkehr im ländlichen Raum
In den ländlichen Gebieten Baden-Württembergs wird teilweise kein ausreichendes Nahverkehrsangebot bereitgestellt. Dies trifft vor allem Seniorinnen und Seniorenen, Jugendliche und Andere, die nicht über ein eigenes Fahrzeug verfügen. Gerade im ländlichen Raum müssen für alltägliche Dinge wie den Weg zur Arbeit, Arztbesuche oder das Einkaufen immer längere Wege in Kauf genommen werden.
Wir wollen in diesen Gebieten ein besseres Mobilitätsangebot schaffen, das neben einer Ausweitung des Linienbus- und Schienennahverkehrs auch durch bedarfsorientierte Verkehrsmittel wie Anrufsammeltaxen oder Kleinbusse unterstützt wird. Hierbei muss eine Abwägung zwischen flächendeckender Linienführung, schneller Anbindung und komfortablen Umsteigebedingungen stattfinden.
Barrierefreier Ausbau
Die Piratenpartei setzt sich für die uneingeschränkte Nutzbarkeit aller öffentlichen Einrichtungen durch alle Menschen ein. Dazu gehört insbesondere die Beseitigung von Hindernissen in öffentlichen Verkehrsmitteln und Gebäuden für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer, aber auch für Kinderwagen. Weiterhin sollen überall Hilfen für Sehbehinderte angebracht werden.
„Bürgerbusse“ für Bürgerinnen und Bürger
Um Lücken im öffentlichen Personennahverkehr zu schließen, wurden in mehreren Orten in Baden-Württemberg Bürgerbusvereine gegründet, die durch Kleinbusse mit ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrern ein Minimalangebot gewährleisten. „Bürgerbusse“ stellen dabei nur eine Ergänzung zum ÖPNV dar.
Mit dem Ziel, Mobilität und damit gesellschaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen, wollen wir bestehende Bürgerbusprojekte unterstützen und den Aufbau neuer Projekte fördern.
Erweiterung des länder- und staatenübergreifenden Nahverkehrs
Die Verkehrsbedürfnisse im Umfeld regionaler Zentren enden nicht an Länder- oder Staatsgrenzen. Wir wollen länder- und staatenübergreifende Nahverkehrsverbindungen ebenso fördern wie abgestimmte Ausschreibungen überregionaler Verkehrsleistungen und den Ausbau bestehender Verbindungen. Wir denken dabei europäisch; Verkehrslinien sollen nicht zwangsläufig an alten Nationalgrenzen enden – genausowenig, wie sie an der Grenze von Verkehrsverbünden innerhalb Deutschlands enden, wenn Bedarf besteht.
Schienenstrecken
Wir setzen uns für einen sicheren, schnellen und umweltfreundichen Verkehr ein. Dafür ist ein umfassender Ausbau des elektrischen Schienenverkehrs nach dem Vorbild der Schweiz erforderlich. Alle vorhandenen Bahnstrecken im Land müssen elektrifiziert und weitgehend zweigleisig ausgebaut werden. Das gilt insbesondere für die Südbahn, die Gäubahn, die Hohenlohebahn, die Murrbahn, die Hochrheinbahn, die Bodenseegürtelbahn, die Höllentalbahn und die Nebenbahnen in der Region Stuttgart. Die Regional-Stadtbahnprojekte Ulm und Reutlingen/Tübingen werden schnellstmöglich umgesetzt. Weitere Bahnprojekte werden gesucht. Z.B. könnte der touristische Hotspot Feldberg durch einen etwa 5 km langen Eisenbahntunnel ab Bärental angebunden und so die dortigen Verkehrsprobleme gelöst werden.
Integration von Regionalstrecken (Karlsruher Modell)
Das Karlsruher Modell der Anbindung der innerstädtischen Straßenbahn an den Regionalverkehr hat bundesweiten Vorbildcharakter. Durch direkte Verbindungen können Fahrgäste für die Schiene gewonnen werden, was zu einer Attraktivitätssteigerung von Strecken im Umland einer Stadt führt.
Wir wollen Städte und Regionen unterstützen, die eine solche Schienenverbindung von Stadt und Land anstreben.
Ausbau und Reaktivierung von Bahnstrecken
In den vergangenen Jahrzehnten wurden Bahnstrecken aus unterschiedlichen Gründen stillgelegt. Die Reaktivierung von Bahnstrecken würde Bürgerinnen und Bürgern der betroffenen, zumeist ländlichen Regionen wieder eine bessere Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz ermöglichen.
Aktuelle Untersuchungen bestätigen, dass sich die Reaktivierung einiger Strecken auch wirtschaftlich lohnen würde. Deshalb wollen wir weitere Kosten-Nutzen-Analysen zur Reaktivierung stillgelegter Strecken durchführen lassen sowie den gegebenenfalls sinnvollen Ausbau unterstützen.
Des Weiteren sollte der Ausbau von überlasteten Strecken vorangetrieben werden.
Alpentransversale besser bedienen
Wir wollen einen zügigen Ausbau der Zulaufstrecken auf die neue Alpentransversale, insbesondere der Rheintalbahn (Karlsruhe-Basel) und Gäubahn (Stuttgart-Singen-Zürich), um dem hohen Anteil an Gütertransitverkehr auf der Schiene gerecht zu werden.
Wir setzen uns dafür ein, den im Staatsvertrag mit der Schweiz zugesagten viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn bürgerinnen- und bürgerfreundlich umzusetzen.
Die Bedenken und Anliegen der Anwohnerschaft insbesondere in Bezug auf Lärmschutzmaßnahmen und Trassenführung müssen dabei in die Planung einbezogen werden. Auch ein Ausbau der Strecke auf der französischen Rheinseite soll von Baden-Württemberg aus angeregt werden.
Stuttgart 21
Die Piratenpartei setzt sich für einen funktions- und leistungsfähigen Bahnhof in Stuttgart ein, der das Land und seine Bürgerinnen und Bürger finanziell nicht übermäßig belastet. Das als Jahrhundertprojekt beworbene Vorhaben „Stuttgart 21“, das 100 Prozent Leistungssteigerung für den Bahnknoten Stuttgart bringen sollte, bewältigt nach aktueller Experteneinschätzung jedoch nicht einmal den Bedarf der nächsten zehn Jahre: den integralen Taktverkehr (ITF) und eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen. Im Gegensatz hat das ursprünglich als „das am Besten geplante Bauvorhaben der Welt“ propagierte Projekt hat den Kostenrahmen gemäß Planung bereits um 3,2 Mrd. Euro gesprengt.
Die Piratenpartei fordert daher einen umgehenden Baustopp verbunden mit einer Umplanung des Gesamtkonzepts, um zu retten, was zu retten ist. Trotz des bereits weit fortgeschrittenen Bauvorhabens können die bereits errichteten Bahnstrecken und Tunnel auch anderweitig genutzt werden. Eine entsprechende Überplanung unter Nutzung der bereits erbrachten Bauleistung ist umgehend anzustoßen.
Wirtschaftspolitik
Die Piratenpartei Baden-Württemberg fordert eine ökologische, nachhaltige und soziale Wirtschaftspolitik. Wir setzen uns für fairen Wettbewerb, für die Förderung von Innovationen sowie gegen privatwirtschaftliche Monopole und übermäßige staatliche Regulierung der Unternehmen ein.
Landesbanken sollen Kreditklemmen ausgleichen
Die L-Bank hat unserer Meinung nach die Hauptaufgabe, die Unternehmen in Baden-Württemberg zu angemessenen Konditionen mit Kapital zu versorgen. Besonders in Krisenzeiten muss die Landesbank für private Banken einspringen, wenn diese ihre Aufgaben nur unzureichend erfüllen. Gerade dann muss die Landesbank ein verlässlicher Partner der kleinen und mittelständischen Unternehmen sein.
Landesbanken und Transparenz
Landesbanken sollen zu höchstmöglicher Transparenz verpflichtet werden, so dass Anlegerinnen und Anleger möglichst genau wissen, was mit dem Geld geschieht, welches sie anlegen.
Keine Einschränkungen beim Bargeldverkehr
Die Piraten in Baden-Württemberg werden sich sowohl auf Bundesebene als auch auf europäischer Ebene gegen Einschränkungen des Bargeldverkehrs einsetzen. Wir sind der Meinung, dass alle Konsumentinnen und Konsumenten selbst entscheiden können müssen, ob und wo sie durch bargeldlose Zahlung Datenspuren hinterlassen und wo nicht. Die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Schwarzarbeit halten wir für ein ebenso schwaches Argument, wie es die Terrorismusbekämpfung für die Ausweitung flächendeckender Überwachungsmaßnahmen ist.
Ethik bei öffentlichen Beschaffungen
Das Land als bedeutender Auftraggeber soll seine Stellung nutzen, um verantwortungsvoll geführte Betriebe zu fördern. Bei Ausschreibungen müssen leistungsgerechte Entlohnung und faire Arbeitsbedingungen als Kriterien berücksichtigt werden. Durch das Veröffentlichen von Richtlinien wollen wir die Kommunen dazu motivieren, dies ebenfalls umzusetzen.
Transparente Information über Großprojekte
Bei der Planung und Umsetzung von Großprojekten sollen frühzeitig alle relevanten Informationen veröffentlicht werden. Daneben sollen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger angemessen und frühzeitig beteiligt werden.
Beim Verlegen in private Rechtsformen muss die umfassende Veröffentlichungspflicht weiterhin gelten. Wir fordern eine offene Kommunikation bei der Planung und Umsetzung von Großprojekten.
Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe
Wir treten nachdrücklich für regionale Wirtschaftskreisläufe ein, insbesondere in der Lebensmittelversorgung. Hier führen lange Transportwege und unklare Herkunft von Produkten zu Nachteilen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Außerdem werden Verkehrswege unnötig belastet. Daher fordern wir klare und nachvollziehbare Herkunftskennzeichnungen und ein zertifiziertes Bio-Siegel sowie eine Entbürokratisierung der Selbstvermarktung in der Landwirtschaft.
TTIP
Wir halten das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA für eine erhebliche Gefahr für Arbeitsplätze, Verbraucher- und Umweltschutzstandards und lehnen es daher ab. Wir werden alles tun, um es zu verhindern.
Breitbandausbau fördern
Regionen ohne Breitbandtechnologie sind nicht nur wirtschaftlich benachteiligt, es droht ihnen auch die Gefahr, von der kulturellen, politischen und technischen Entwicklung abgehängt zu werden. Breitband-Internetzugänge sind ebenso wichtig wie Strom- und Wasserversorgung.
Wir wollen möglichst schnell einen flächendeckenden Glasfaserausbau erreichen. Bis zum Ende der Legislaturperiode soll jeder Haushalt und jeder Betrieb im Land mindestens mit einem Gigabit pro Sekunde an das Internet angebunden sein. Dies soll sowohl für die Download- als auch für die Uploadgeschwindigkeit gelten.
Steuern und Subventionen
Subventionen überprüfen
Öffentliche Ausgaben, im besonderen Maße Subventionen, werden auf den Prüfstand gestellt. Subventionen sollen nur dort eingesetzt werden, wo wichtige wirtschafts- und forschungspolitische Ziele anders nicht erreicht werden können. Darüber hinaus müssen alle Subventionen degressiv angelegt oder enger als bisher zeitlich befristet sein und regelmäßig auf ihren Sinn hin überprüft werden.
Verbesserte Steuerprüfung
Den öffentlichen Haushalten gehen durch Steuerbetrug Milliarden an Einnahmen verloren, da Steuerhinterziehung häufig nicht aufgedeckt und somit geahndet werden kann. Neben dem Personalmangel bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung sind dafür auch die kurzen Prüfzeiten verantwortlich, zu denen die Betriebsprüferinnen und -prüfer angehalten sind.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Steuerprüfung wirklich unabhängig arbeiten kann. Die Prüfzeiten sollen in Großbetrieben ausgeweitet werden, um eine ausreichende Prüfung zu gewährleisten. Die Umsatzsteuerprüfungen sollen durch Bereitstellung von Steuerprüferinnen und -prüfern des Landes gestärkt werden. Bereits existierende Zusagen und Vereinbarungen mit dem Bund sollen konsequent umgesetzt werden.
Kein Einzug von Kirchensteuer
Im Sinne der Datensparsamkeit ist die Erfassung der Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen aufzuheben. Das Finanzamt soll daher künftig auch nicht mehr die Kirchensteuer einziehen.
Es ist die Aufgabe der Kirchen selbst, ihre Mitgliedsbeiträge zu erheben.
Eheleute, die einer steuerberechtigten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft angehören, sollen kein besonderes Kirchgeld mehr für ihre Partnerinnen und Partner bezahlen müssen. Dies soll auch der Fall sein, wenn die entsprechende Gemeinschaft keine Steuern erhebt. So ist es auch in anderen Bundesländern üblich.
Staatsleistungen an Kirchen beenden
Zusätzlich zur Kirchensteuer erhalten die Kirchen vom Land jährlich etwa 100 Millionen Euro. Dies ist Teil der Entschädigung für die Säkularisierung von 1803. Viele Kommunen in Baden-Württemberg müssen eigene Zahlungen an Kirchengemeinden leisten.
Wir möchten diese Zahlungsverpflichtungen von Land und Kommunen gesetzlich beenden und diese Mittel in anderen Bereichen einsetzen.
Kommunen in der Verantwortung
Stärkung der Kommunen
Wir wollen Kommunen ausreichend Finanzmittel von Bund und Ländern zur Verfügung stellen, damit diese ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen und eigenständig politisch handeln können. Wir setzen uns dabei auch für eine Stärkung der Position von finanzschwachen Kommunen im kommunalen Finanzausgleich ein.
Die Förderung kommunaler Aufgaben durch den Bund wird oftmals dadurch behindert, dass Kommunen nur als Anhängsel der Länder gesehen werden. Dies wollen wir auch durch Initiativen im Bundesrat ändern.
Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung in den Kommunen
Neue Strukturen für die Beteiligung auf möglichst bürgernaher Ebene sind notwendig, um einen fairen Ausgleich der Interessen zu ermöglichen und zu einem gerechten Ergebnis für alle Beteiligten zu kommen.
Bei Stadtteilworkshops und Stadtspaziergängen tauschen sich Bürgerinnen und Bürger und Kommunalverantwortliche direkt vor Ort über Probleme und mögliche Verbesserungen aus. Solche Prozesse müssen auch finanziell gefördert werden und tragen zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung bei.
Wir sind darüber hinaus für die Einführung von Bürgerhaushalten, in denen Bürgerinnen und Bürger direkt über die Verwendung von Haushaltsmitteln mitentscheiden können.
Verbot von Spekulationsgeschäften für Gemeinden
Das bestehende Verbot von Spekulationsgeschäften für Kommunen soll verschärft werden. Die Verwaltungen der Gemeinden sollen nicht nur bei den erkennbaren Risiken haftbar gemacht werden, sondern auch, wenn fahrlässig unklare Risiken eingegangen wurden. Dies war bei den Cross-Border-Leasing-Geschäften der Fall, etwa beim Verkauf der Infrastruktur der Stuttgarter Wasserversorgung.
Standortfaktor Breitbandzugang
Wir wollen unterversorgte Gebiete finanziell fördern, um den Ausbau voranzutreiben. Das Land soll eine beauftragte Person einsetzen, deren Aufgabe es ist, in den Kommunen gezielt über die Fördermittel zu informieren und für den Breitbandausbau zu werben.
Beim Bau und der Sanierung von Straßen müssen vorausschauend Leerrohre gelegt werden, um einen kostengünstigen Breitbandausbau zu ermöglichen
Lokale Planung
Alle Planungen der öffentlichen Hand dienen einer gerechten Abwägung öffentlicher und privater Interessen im Zusammenleben der Menschen. Die jeweils betroffene Bevölkerung soll in offenen Verfahren rechtzeitig und umfassend beteiligt und informiert werden. Ihre Bedürfnisse müssen entsprechend berücksichtigt werden.
Unkomplizierte und effektive Verfahren zur Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung müssen dabei entwickelt und konsequent ausgebaut werden. Alle für die Planung relevanten Informationen und Grundlagen sind öffentlich zugänglich zu machen und zu erläutern.
Freier Zugang und freie Lizenz für Geobasisdaten
Geobasisdaten sind die Grundlage für jede Planung in den Bereichen Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung. Die derzeitige Lizenzform behindert sowohl die Verwaltung selbst als auch Bürgerinnen- und Bürgerinitiativen und die Wirtschaft bei der Bewertung von Planungsprozessen und der Ausarbeitung eigener Vorschläge. Auch in Wissenschaft und Forschung ist man immer mehr auf Geoinformationssysteme angewiesen, um genaue Analysen und Studien zu Themen wie Umwelt, Soziales oder Wirtschaft zu erstellen.
Da Geobasisdaten und (Software-) Werkzeuge zur Verarbeitung der Daten aus Steuermitteln erarbeitet werden, möchten wir sie der Allgemeinheit zur Verfügung stellen und unter freien Lizenzen veröffentlichen.
Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung durch interaktive Karten und Pinnwände
Bei vielen Themen in der Kommunalpolitik kann das Wissen der Einwohnerinnen und Einwohner um lokale Gegebenheiten bisher nicht genutzt werden, weil entsprechende Kommunikationskanäle fehlen. Mit Hilfe von interaktiven Karten und Pinnwänden vor Ort und im Internet wollen wir Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit geben, ihr Wissen und ihre Bedürfnisse direkt an Politik und Verwaltung weiterzugeben. Damit werden sie stärker eingebunden und die Arbeit der Behörden nachvollziehbar.
Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, seine Meinung zu einem ortsspezifischen Thema zum Ausdruck zu bringen. Andere können sich so leicht einen Überblick über die Meinungen verschaffen und entweder zustimmen oder eine Gegenmeinung formulieren.
Hochwasserschutz am Oberrhein
Die Piratenpartei Baden-Württemberg setzt sich dafür ein, dass schnellst möglich der 200-jährige Hochwasserschutz am Oberrhein wiederhergestellt wird. Dazu ist das Land Baden-Württemberg aufgrund eines Staatsvertrags gegenüber Frankreich seit 1982 verpflichtet. Das Abkommen sah eine Fertigstellung bis 1990 vor, die derzeitige Landesregierung nennt eine Fertigstellung bis 2028 „ambitioniert“. Nur drei von 13 Baumaßnahmen wurden in den letzten 32 Jahren abgeschlossen.
Modellrechnungen prognostizieren für den Oberrhein eine Zunahme von frühjährlichen Extremhochwasserereignissen infolge des Klimawandels.
Die Bürgerinnen und Bürger sollen bestmöglich über die geplanten Maßnahmen vor Ort informiert werden und soweit noch möglich Anregungen und Bedenken in die Planung einbringen können. Die Notwendigkeit der Baumaßnahmen steht allerdings außer Frage.